Full text: Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte

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Und stärker noch und lauter noch, es schwillt der Strom zum Meer, 
Am Ende, wie aus Einem Mund, singt rings das ganze Heer. 
Im Echo donnernd wiederhallt's das aufgeweckte Thal, 
Wie hundert Orgeln braus't hinan zum Himmel der Choral. 
30. Das dritte und vierte Jahr des siebenjährigen Krieges. 
Das dritte Jahr. Je mehr Friedrich siegte, desto zorniger 
wurden seine Feinde. Sie rüsteten sich aufs neue, denn auf die 
Länge der Zeit, dachten sie, kann er es doch mit uns nicht aus- 
halten, und endlich muß er, wenn auch nur aus Erschöpfung, unter¬ 
liegen. So leicht sollte dieses Unterliegen aber nicht gehen. Friedrich 
rüstete sich ebenfalls. Sein Land gab Truppen, und Sachsen Geld¬ 
summen und Kleidungsstücke. Die Engländer sendeten ihm vier 
Millionen Thalcr — ans diesen ließ er 10 bis 12 Millionen 
schlechteres Geld schlagen, — außerdem ein Heer von 12,000 Mann 
und brachten die hannoversche Armee wieder in Stand. Als dazu 
die Truppen der Hessen, Braunschweiger und Bückeburger stießen, 
waren 30,000 Mann zusammen. Der treffliche Herzog Ferdinand 
von Braunschweig erhielt darüber den Oberbefehl und sollte die 
Franzosen vertreiben. Er that es heldenmüthig. Die Feinde flohen 
eilig über den Rhein, Ferdinand eilte ihnen nach, griff sie bei 
Crefeld an und schlug sie aufs Haupt. Das war ein guter 
Anfang auf dieser Seite. 
Friedrich selbst zog den Russen entgegen, die bis Küstrin vor- 
gedrungen waren und diese Stadt schrecklich verwüstet hatten. Bei 
Zorndorf trafen 30,000 Preußen auf80,000 Russen. Der Kampf 
war gräßlich. Vom frühen Morgen bis spät Abend stand die Schlacht. 
Die Russen wichen nicht. Der General Seidlitz that an diesem Tage 
Wunder der Tapferkeit. Wo Gefahr war, eilte er hin und trieb 
die Feinde in die Flucht. Endlich mußten diese weichen. Sie ver¬ 
loren 103 Kanonen, 27 Fahnen und die ganze Kriegskasse. Der 
russische General zog sich nach Polen zurück, der König eilte aber 
nach Sachsen, denn Daun drängte dort den Prinzen Heinrich hart 
und ließ die Festung Neiße in Schlesien belagern. Es war also hier 
überall Hülfe nöthig. Kaum hörte Daun: Friedrich kommt, so bezog 
er schnell ein festes Lager, um so recht geschützt den gefürchteten König 
zu erwarten. Dieser verachtete diesmal gar zu sehr seinen Feind und 
schlug, gleichsam den Oesterreichern zum Hohne, vor ihren Augen 
sein Lager bei Hochkirch auf. Die Generale warnten und sagten: 
„Wenn die Oesterreicher uns hier in Ruhe lassen, so verdienen sie 
samt und sonders gehängt zu werden." — „O," antwortete Fried¬ 
rich, „sie fürchten sich vor uns mehr, als vor dem Galgen." Aber 
der Held hatte sich verrechnet. In der Nacht des 14. October um-
	        
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