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VI. Aus dem Menschenleben.
decken, mußte er falsch buchen. Der Spielteufel ließ ihn nicht los. Immer
tiefer wurde er verstrickt, immer schwächer regte sich das Gute in ihm
immer leichter wurde ihm das Betrügen, das Stehlen. Zuweilen wohl
wenn er an seine alte Mutter und die Zukunft dachte, kam eine furchtbare
Beklemmung über ihn; dann aber betäubte er sich in tollem, schäumendem
Leben, — nur nicht an den Ausgang denken! Aber das Ende kam doch, —
der Sprung ins Wasser.
Es ist eine Alltagsgeschichte, eine Geschichte, die trotz unendlich
wechselnder Gestalt immer nur das eine predigt: Hüte dich vor dem ersten
Schritte zum Bösen! Denke nicht: Einmal ist keinmal. Die Sünde ist wie eine
tiefe Grube; den Schlamm auf dem Grunde siehst du nicht eher, als bis du
hineingefallen bist. Laß dich nicht locken durch die Bilder von Lust, von
Glanz, von Freiheit; das Ende ist doch: es entschläft das Gute in dir; du wirst
ein elender Sklave, der nicht mehr kann, wie er will.
Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht.
246. Von LGeidero
enn du einen Fleeken an deinem Rleide oder irgendwo einer
Riß hast, denkst du olt: „Pah, das zieht man nieht, und de
Leute haben andres zu tun, als immer an mir auszumustern“ Du gebst
dann frank und frei herum, und es kann oft sein, du hast recht; es
sieht niemand den Plecken und den Rib.
Wenn du aber etwas Sehbönes autf dem Leibe hast, sei es nur ein
sohönes Halstuch oder ein frigebes Hemd mit weiber Brust oder gar
eine goldne Nadel und dergleichen, da gehbst du oft wit herausfordernden
Bliek hinaus und seblägst die Augen nieder, um niebt zu bemerken, wie
allo Leute, was sio in den Handen baben, gtehen uund legen lassen
und gar niehts tun als deine Herrliebkeit betrachten. — 80 meinet du
aber das ist aueh gefeblt; kein Bliek wendet sieh naeb dir und deiner
Praeht.
Das eine Mal meinst du, wan sieht dieh gar pieht, und das
andre Mal, die ganze Wolt hat aut dieb gewartet, um dieh zu besebauen,;
aber beides ist gefeblt.
CGeradeso ist es auch mit deinen Tugenden und Lastern
Wenn du einen bösen Weg gebst, weinst du, es kennt dieb ked
Menseh, und keiner sieht sieh naeh dir um, und es ist stoekdunkel
Wenn du aber dem Réchbtsehaffnen naebgehst, redest du dir oft ein
jeder Pflasterstein hat Augen, jedes Kind kennt dieb und deine Ge