Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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Denn in diesen und allen andern Städten umher gibt es, wie 
gesagt, Kaufleute, welche die Beeren aufkaufen, mit Zucker einkochen, in 
Sleinlöpfe oder Butten füllen und dieselben als ein überall willkommenes 
Harzprodukt) in die Welt hinaussenden. Hie und da trocknen sie auch 
die Beidelbeeren, und diese getrokneten Beeren gebrauchen sie in ihren 
Wirischaften bei vielen Gelegenheiten als Würze der Speise oder auch 
als Medizin?), und geben zuweilen auch ihren Haustieren, denen sie 
in vielen Krankheiten dienlich sein sollen, leine Portionen?) davon. Wie 
heilsam die Harzer allgemein ihre Beere halten, geht auch daraus hervor 
baß sie sprichwoͤrtlich behaupten, die gesundeste Jahreszeit des Harzes 
sei die „Heidelbeerenzeit.“ 
Die Himbeeren haben mit den Heidelbeeren ungefähr dieselbe Zeit 
der Reife, wie denn — in den höheren Bergregionen“) wenigstens, — 
wo Fruhling, Sommer, Herbst so kurz sind, fast alles innerhalb derselben 
sechs Wochen blüht, reift und geerntet wird. 
Rur die Preißelbeeren fallen in eine etwas spätere Zeit. Auch 
unterliegt ihre Ernte besonderen Gesetzen. Die Frauen dürfen sie nicht 
pflücken, wann sie wollen, oder wann sie dieselben für reif halten. Es wird 
dies von der Obrigkeit beurteilt, und wann diese es für gut hält, 
meistens im Anfange des Septembers, werden die Preißelbeeren „auf⸗ 
gethan,“ d. h. den Frauen die Erlaubnis zur Ernte gegeben. 
die kleine, freundliche und bei allen Harzbewohnern so beliebte 
Walderdbeere, die im Frühlinge die erste wilde Frucht ist, welche die 
Natur in den Thälern auflischt, hat auch, wie ihre übrigen Schwestern, 
ihre Lieblingslokalitäten)). Es gibt weite Waldstrecken, in denen man 
sie gar nicht findet, dagegen aber auch wieder felsige und sonnige Berge, 
hie von oben bis unten von ihr bedeckt und gerötet sind. Da diese 
zarte kleine Frucht weder eingekocht, noch mit Zucker eingemacht und 
bersandt werden kann, so ist sie kein stehender Handelsartikel geworden 
wie die Heidel- und Preißelbeere. Sie muß an Ort und Stelle frisch⸗ 
weg genoͤssen werden, und ihre Einheimsung bildet daher auch kein 
eigentliches Gewerbe. Doch sind bei allen kleinen Bädern und Residenzen?) 
des Harzes viele Frauen- und Mädchenhände geschäftig, schon am frühen 
Morgen die am Tage zuvor gereiften zu sammeln und die stets will⸗ 
sommene Gabe in allen Häusern und Gassen feilzubieten. — Auch 
gefallen die kleinen, wie rote Korallen an ihren gebogenen Stengeln 
baumelnden Früchte jedermann so sehr, daß selten ein Wanderer, sei 
es ein Jäger oder ein Bergmann oder ein Waldarbeiter, vorübergeht, 
ohne sich ein Sträußchen davon an den Hut zu stecken, teils zum 
nn teils um den Seinigen etwas Erfreuliches nach Hause zu 
ringen. 
84. Schildhorn. 
Heinrien Pröhilo. 
Deutsehe Sagen. Berlin. 1863. 8. 717. 
Der letzte Wendenfürst in der Mark, Jaczko, wurde nach einer 
verlorenen Schlacht durch Albrecht den Bärens) hart bedrängt. Da 
) Das Produkt, das GErzeugnis. ) Die Medizin, das Arzeneimittel. Die 
Portion, der Anteil. ) Die Region, die Gegend, der Bezirk.— Die Lokalität, 
hie Ortlichkeit. ) Die Residenz, ein Fürstensitz. — 9) Albrecht der Bär, der erste Mark—⸗ 
graf von Brandenburg aus dem askanischen (ballenstädtschen) Hause. (1134 -1170).
	        
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