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15. Der Alte hat's gerufen, der Himmel hat's gehört:
Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört;
Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht,
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.
16. Und rings statt duftger Gärten ein ödes Heideland;
Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
Versunken und vergessen! — Das ist des Sängers Fluch.
Uhland.
199. Johann Peter Hebel.
Es giebt kein Lesebuch für Schulen und für die Jugend, in dem sich
nicht dies und das an Geschichten und Gedichten von Johann Peter Hebe
fünde. Z. B.: Der Barbierjunge von Segringen — Der Staar von Seg—
ringen — König Friedrich und sein Nachbar — Der Schneider in Pensa J
Kannitverstan — und dann: Die Betrachtungen über die Pflanzen — Die
Spinnen — und Gedichte, wie: Das Spinnlein — Wächterruf — Der Wintel
— Das Hafermus — Sonntagsfrühe ꝛc. — Hbren wir denn etwas von den
Leben dieses Mannes, der so viel Schönes und Anmutiges zu der Jugend
Lust und Lehre geschrieben.
Johann Peter Hebel ist ein Bauernsohn. Seine Mutter stammle
von Hausen bei Schopfheim im Badenschen Oberlande. Sein Vater len
sie in Basel im Hause des Majors Iselin kennen, dem er als Diener in den
Krieg gefolgt war; da diente sie auch. Nachdem (1757) die beiden ein
geworden waren, lebten sie abwechselnd in Hausen und in Basel. Im Wintel
aͤrbeitete dort der Mann hinter dem Webstuhl (das war sein Gewerbe), in
Sommer zogen sie nach Basel, wo sie bei ihrer ehemaligen Herrschaft freund⸗
liche Aufnahme und in Haus und Garten vollauf zu thun fanden. Und in
Baͤsel wurde am 10. Mai 1760 (also 20 Jahre nach Claudius) Johann Petel
Hebel geboren.
Hier und in Hausen hat der muntere Knabe seine fröhliche Kindheit ver
lebt. Die Exinnerung an diese glückliche Zeit hat ihn durch sein ganzes Leben
begleitet; er hat die liebliche Landschaft und das biedere Völlchen seiner Hel
mat in treuem Herzen bewahrt bis ans Ende und die Reize der Gegen
durch viele liebliche Lieder in der frischen, sinnig treuherzigen Sprache seine
Volkes verherrlicht. Und das Volk hat auch seiner nicht vergessen. Noch jede
Jahr seiert das von ihm besungene Wiesenthal seinen Geburtstag. In Hause
findet an dem Tage ein Fest statt, wobei ein Mahl gehalten wird und, nag
einer Stiftung der Baseler, Kinder beschenkt werden und ein Brautpaar eu
Aussteuer erhält, und in Schopfheim ziehen alle Kinder des Städtchens mi
Musik auf die „Hebelshöhe“ und belränzen unter schönen Eichen die Büste de⸗
Dichters.
Schon im Jahre 1761 starb, erst 41 Jahre alt, der Vater. Da gin
für die arme Frau eine schwere Zeit an. Sie hatte Not, sich mit ihre
Knaben durchzuschlagen. Aber der ließ sich die Sorge nicht nahe gehen;
war recht muwillige Doch er hatte in seinem Wesen auch — ein Erbe seine
Mutter — einen innerlichen, religiösen Zug. Ost predigte er vor Stühl
und Bünken, begrub Schmetterlingspuppen in Holzkistchen in die Erde in
machte auf jedes Grab ein Kreuzchen, wartend, daß das leichte, bunte Voglei