Full text: Lesebuch für die Oberklassen evangelischer Elementarschulen in Elsaß-Lothringen

35 — 
Wer wüst, wild und unsinnig ist, 
Grob, unverstanden alle Frist, 
70 Aus dem macht man im Land ein 
Fürsten; 
Wer gerne ficht mit Leberwürsten, 
Aus dem ein Ritter wird gemacht; 
Wer schlüchtisch ist und nichtsen acht, 
Dann essen, trinken und viel schlafen, 
75 Aus dem macht man im Land ein 
Grafen; 
Wer tölpisch ist und nichtsen kann, 
Der ist im Land ein Edelmann. 
Wer also lebt, wie obgenannt, 
Der ist gut ins Schlaraffenland, 
Das von den Alten ist erdicht, 
Zu Straf der Jugend zugericht, 
Die gewöhnlich faul ist und ge— 
fräßig, 
Ungeschickt, heillos und nachlässig, 
Dass man's weis' ins Land zu Schla— 
raffen, 
Damit ihr schlüchtisch Weis' zu strafen, 85 
Dass sie haben auf Arbeit acht, 
Weil faule Weis' nie Gutes bracht. 
16. Der Waldbruder mit dem Esel. 
Vorzeiten wohnt' in einem Wald Der faule Esel geht allein, 
Ein Einsiedler, an Jahren alt; Zwei Narren traben hinterdrein.“ 
Der hatt' 'nen Sohn von zwanzig Als sie ein Stücklein fürbass waren, 
Jahren Da fragt der Greis: „Hast du ers 30 
Bei sich, einfältig, unerfahren. fahren 
5 Der fragt den Alten: „Sagt doch mir, Der Welt Begrüßung und Manier?“ 
Sind in dem Wald gewachsen wir Der Sohn sprach: „Helft mir auf 
Wie Buchen, Eichen oder Schlehen?“ das Thier! 
Denn Menschen hatt' er nie gesehen. Die Welt will ja, wir sollen reiten!“ 
Der Alte sprach: „Du warst nochklein, Gesagt, gethan! Da kam vom 
10 Da zog ich mit dir in den Hain weiten 
Aus der arglistig bösen Welt, Ein Mütterchen her durch die ücker; 35 
Die nur mit Schmähn zu Markte hält Die schrie: „Seht doch den jungen 
Und mit Scheltworten, Spott und Lecker, 
Lachen; Der reitet, und der alte Mann 
Denn niemand kann's zu Dank ihr Hinkt kläglich mühsam hintenan!“ — 
machen.“ „Sohn,“ sprach der Greis, „glaubst 
15 Still schwieg der Sohn, doch Nacht du nun mir, 
und Tag Was von der Welt erzählt' ich dir?“ 40 
Sann er des Vaters Reden nach, Der Sohn entgegnet: „Wohl, so reite! 
Was doch die Welt wohl möchte sein. Denn du, und ich geh' dir zur Seite.“ 
Zuletzt wollt' er durchaus hinein Der Alte thut nach seinem Sinn 
Und quält' den Vater stets mit Bitten. Und schreitet Schritt für Schritt dahin. 
20 Wie sehr der ihm auch widerstritten, Indem so kommt des Wegs ein 45 
Er doch zuletzt beredet ward Bauer, 
Und macht sich mit ihm auf die Fahrt. Der redet stracks sie an gar sauer: 
—A— „Seht doch den alten, groben Lappen! 
Doch ledig, dass ihn niemand ritt. Lässt seinen Sohn im Kothe tappen, 
25 Ein Kriegsmann traf sie auf der Reise, Dem Reiten nöth'ger thät' als ihm!“ 
Der rief: „Das dünkt mir doch nicht Der Alte sprach: „Mein Sohn, ver⸗ 50 
weise! nimm,
	        
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