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denen Spalte tief unten am Fuße des Kegelberges hervor, anfangs von
Drucke der über der Offnung stehenden Massen selbst springbrunnenarti
aufsteigend und immer breiter, mächtiger in die fruchtbare, von Menschel
sorgfältig bebaute Ebene sich ergießend. Schnell windet sich dieser ver
heerende Fluß mit stets wachsender Gewalt auf der geneigten Fläche zu
wirklichen Ebene hinab und öffnet durch den leer gewordenen Krater de
elastischen Stoffen einen Ausweg. Von Asche begleitet und sie mit si
fortführend steigen die Dämpfe einer dunklen Säule gleich hoch empo
und gestalten sich oben in den Lüften zu jener Pinienform, die scho
den ältesten Veobachtern auffiel. Dieser majestätische, ungeheure Aschen
baum bildet die tragische Schlußszene der ganzen Erscheinung; er bre
seine Krone unheilschwanger über die Ebene aus und bedeckt sie si
senkend mit seinern düsteren Laube auf ewig.
Wenn endlin) die Tageshelle diesen durch die großartigsten Leucht
feuer nur schwach erhellten Finsternissen wieder folgt, so zeigt sich da
ganze Bild der Zerstörung in seiner Vollendung. Alles urbare Erdrei
ringsumher ist von aufgeschütteter Asche bedeckt; auf den Wänden de
Berges und an seinem Fuße lagern die tausend und aber tausend Bruch
stücke der zerspyrungenen Auswurfsmassen, und zwischen neuen Erdschichte
windet sich der noch heiße, glühende, rauchende, ja stellenweis flammend
Lavastrom im selbstgebildeten Bette zu einer Tiefe, in der ihm die u
höhe fehlt und der zähe Fluß in sich seinen Haltpunkt findet. Alle
umher gleicht einer trostlosen Einöde: die grünende Pflanzendecke fehl
die verdorrten Blätter strecken ihre bestäubten Äste blattlos in
düsteren Lüfte, und das tierische Leben hat schon längst aufgehört, hie
zu schlagen, ja es hat in der glühenden Asche selbst die Spuren feine
Daseins verloren.
So etwa mochte der Anblick sein, als 79 Jahre nach Christi Gebun
der Vesuv aus seinem vieljährigen Schlummer zum ersten Male wiede
erwacht war, im Vollgefühle seiner verheerenden Kräfte 30 Quadrah
meilen mit seinen Auswürflingen bedeckte und drei volkreiche Städte m
ihren sorglosen Bewohnern in den ewigen Todesschlaf einhüllte. Nu
als Schatten ehemaliger Herrlichkeit sollten sie aus den Gräbern na
1700 Jahren wieder emporsteigen. Burmeisier.
33. (37.) Der Untergang der Städte Pompeji und
Hereulaneum im Jahre 79 n. Chr.
1. Pompeji war eine von den Städten, mit denen die i
Ureinwohner Campaniens verstärkt durch den Zufluß griechischer Ein
wanderung den Fuß des Vesuvs umgürtet hatten; auch Herculaneum las
dort, das man gewöhnlich aber unrichtig Herculanum nennt, ferne
Teglana, Stabiä, Oplontis, Taurania und Neapel oder Parthenope. Si
fürchteten die Nähe des Berges nicht; sie bauten auf seiner Lava
mit ihr und führten ihre Baum- und Rebenpflanzungen bis an den Ran