273
des Nils zu erzählen. Aber seit dem Untergange der Kultur der
Mittelmeertaaten sank Afrika für Europa in völlige Dunkelbeit
zurück.
Die Lage, das Klima, die sonderbare Bildung des Innern, da
gerade unter diesem glübenden Himmel Sandwüsten von vielen
Tausend Quadratmeilen dem benachbarten Europãer das reiche Land
gleichsam versperren, und endlich die Eifersucht und Bosheit der
Mauren vieseon lange unsern FPorschungsgeist zurück, oder sie lohn-
ten ihn nur spärlich.
Zur Zeit jedoch, als Columbus in spanischem Dienste Amerika
entdeckte, varfen sioh die Portugiesen unter dem Rönige Heinrich
dem Seefahrer und desven Nachfolgern eifrig auf die Erforschung
der Küsten Afrikas Die Westküste binunter drangen sie von Kap
zu Kap, von Busen zu Busen, entdeckten Inseln, Flüsse und Völker-
schaften; sie umfubren endlich die Südspitze und setzten am Ost—
rande ihre Entdeckungen fort. Mie ein Blick auf die Rarte zeigt,
tragen fast sumtliche Punkte an beiden Küsten portugiesische Namen.
Nachdem so die Grenzen festgestellt varen, konnte man an die
Erforschung des Innern gehen. Auch hier scbritten die Portugiesen
rũstig vorxan, freilich weniger im Interesse der Wissenschaft als viel-
mehr aus Gewinnsucht. In neuerer Zeit aber haben besonders englische
und deutsche Vorscher mit grösstem Eifer sich der Aufschliessung des
WVunderlandes gewidmnet. Die Engländer Richardson, Speke, Grant,
Baker und Livingstone, die Deutschen Vogel, Barth, Rohlfs, Schwein-
furth und Mauch verdienen genannt zu werden. Dank der Auf-
opferung dieser Manner beginnt es nun allmählich zu tagen, Afrika
ist im Begriff, nicht mehr ein „Land der Rätsel“ zu bleiben; wobl
aber ersteht es mehr und mehr vor unsern Blicken als ein „Land
der Munder“. Nach Zimmermann.
77. Der Nil.
Der Nil durchfließt Äghpten in einem Thale, das sich nach dem Meere
zu erweitert. Lange begleitet hier den Fluß Kalk- und Sandsteingebirge,
Unterbrochen von Schluchten, die teils in die Wüste, teils zum roten
Meere führen. Die Fruchlbarkeit des Bodens ist abhangig von den Nil—
überschwenimungen, die jͤhrlich einzutreten pflegen und einen fetten Schlamm
zurücklassen. Man sucht daher durch Kanäle das Wasser durch das ganze
Land zu treiben. Im Juli fängt der Nil an zu steigen, und im September
gleicht Aghpten einem großen See, aus welchem Städte, Dörfer, Dattel—
bäume und schmale Dmme, diese als Fußpfade, hervorragen. Während
bei uns eine solche Überschwemmung als ein großes Unglück erscheinen
würde, erweckt sie dort nur Luft und Freude. Tausend und aber tausend
Barken und Kähne, mit schneeweißen Segeln, mit seidenen Fahnen und
Flaggen aller Farben geschmückt, mit Kränzen geziert, mit türkischer Musik,
mit jubelndem Volke bedecken den Strom. Im Oktober verläuft sich das
Wasser wieder. Nun wird in aller Eile der schwarze Boden besäet, und
bis bei uns der Winter eintritt, übertrifft dort die Frische und Kraft des
Seinemann, Lesebuch 1I. 18