Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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MWodureh sind wir dem Schöpfer selbst verwandt? 
Wie nennen wir den sussesten der Driebe? 
Was ist der Zukunft Freuden schönstes Pfand? 
Es ist des Herzens Seligkeit: die Lie be! 
Was mahnt in Leiden sanft uns zur Geduld? 
Wodureh sehn wir schon hier den. HImmel offen? 
Was ist des ew'gen Vaters höchste Huld? 
Es ist der Seele reinstæe Labung: Hoffen! 
O, möchten doch dureh jeden Lebenskran- 
sich diese Blumen fromm und freudig winden! 
In ihrem milden, nie umwölkten Glanz 
lusst sieh das Paradies leicht wiederfinden. 
92. Schutzengel in der Not. 
Im Jahre 1841 war es grimmig kalt, und wenn jemand vor dem 
Hause ging, da knirschte es im Schnee, wie wenn man Glasscheiben. 
zerträte; und was nicht wohlhabende Leute waren, bei denen wollten 
selbst am hellen Mittage die Fenster nicht auftauen. 
Agien liegt eine große, alte Stadt, Antwerpen; in dieser 
gibt schöne, prächtige Straßen; es gibt dort aber auch elende, enge 
Ganmit finstern Häusern, aus denen die Armut ganz hell heraus⸗ 
siet einer solchen Gasse wohnte eine bitterarme Familie. Es 
war aa er Kammer immer so kalt wie auf der Gasse. In einem 
dünne i Heettlein mitten in der Kammer lag ein krankes Kind, das 
aussah, als werde es bald in ein anderes Bettlein getragen werden, wo 
es einen nicht mebr hungert und friert. Bei dem Kinde saß, die Hände 
vor dem Csich“ die arme, dürftig angezogene, weinende Mutter. 
Q. emmal rief es vom kalten Ofen her: „Mutter, liebe Mutter, 
ich habe Funger!“ Es war ein Büblein von fünf oder sechs Jahren, 
das so rief Aber die Mutter sagte nichts und blieb wie tot sitzen. 
Das Kind aber fing wieder an und sagte: „O, gib mir doch nur ein 
klein bißchen zu essen, ich kann's nicht mehr aushalten; sei doch so gut!“ 
Und nun schaute die Mutter auf mit einem Blicke, den man nur 
da sehen kann, wo wider Verhoffen jemand das Todesurteil abgelesen 
wird, und sagte: „Johann, sei doch um Gottes willen still, ich sterbe ja 
selber vor Hunger!“ Aber der Kleine fing wieder an: „Gib mir doch 
nur ein klein wenig; ich bitte dich, liebe Mutter!“ 
Und die Mutter hielt es nicht mehr aus, griff unter das Bett, 
langte ein kleines Kreuzerbrötchen hervor und sagte: „Da hast du es; 
ich habe es aufgehoben, um deinem Schwesterlein Brei davon zu kochen; 
aber das arme Schäflein wird's nicht mehr nötig haben.“
	        
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