Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

— 186 
153. Vom Sparen. 
Naceh dem „Volksspiegel.“ 
Spare! Mit den fünf Buchstaben wäre manchem, der's nur 
einmal probieren wollte, sicherlich geholfen. Für viele aber ist's eine 
harte Nuß, die sie nicht knacken mögen. Darum haben sie aber auch 
zuletzt nichts zuu beißen und zu brechen. 
„Svaren sall ich,“ sagt der eine; , wovon? Zinsen und Renten 
beziehe ni. wovon soll ich mir also etwas abbrechen?“ — Erstlich: 
Von deinem Hob und Gut sollst du dir etwas abbrechen, von deinem 
Einkommen und Erwerb, von deinem Verdienst und Tagelohn! Und 
zweitens: An Mund und Kleid, an Magen und Kragen sollst du's 
ersparen! „Wer Geld und Gut denkt zu erlangen, muß erstlich mit 
dem Mund anfangen!“ 
rparen soll ich,“ sagt der andere; „aber wieviel? Die Er—⸗ 
sparnisse von meinen sechs Dreiern sind nicht der Rede wert und 
können nichts helfen.“ — Aber viele Bäche machen einen Strom, viele 
Körner mache einen Haufen, viele Federn ein Bett, viele Reiser 
einen Desen. „Wer das Kleine nicht acht'‘ dem wird das Große 
nicht gebracht.“ Ich kenne einen Herrn Haltzurat, der früher 
mit Schieferstiften, Siegellack und anderen Kleinigkeiten im Kasten 
auf gut beschlagenen Schuhen durch die Dörfer zog, und jetzt hat er 
einen großen Kramladen und thut Gelder auf Zins aus. Mit 
ehrlichen Pfennigen hat der Mann sein Sparen angefangen; denn er 
wußte, daß 100 kupferne Pfennige auch eine Silbermark aus— 
machen. 
„Sparen soll ich,“ sagt der dritte; „aber wann? Heißt es 
doch: „Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht!“ 
Lassen wir also das Sparen, bis die Lust gebüßt ist und die Rosen 
auf den Wangen abblättern.“ — Soll ich antworten? Spare bei— 
zeiten, ehe es zu spät wird, ehe es auf die Neige geht mit deinem 
Vorrat und mit deiner Kraft, etwas zu erwerben! Spare in den 
Sommertagen für die Wintertage des Lebens! Jeder gesunde 
Mensch hat wenigstens einmal im Leben seine Sommer- und Ernte— 
zeit. In jungen Tagen baut man sich für das Alter die Hütte. 
„Wenn man im Rohre sitzt, muß man die Pfeifen schneiden!“ 
„Sparen soll ich,“ sagt der vierte; „aber wozu? Kommt Zeit, 
kommt Rat!“ — Richtig! Auch für dich wird Rat werden, nämlich 
zum Bettelsack über den Nacken und zu einem Eckchen im Armen— 
hause; denn Herr Sparenichts und Herr Habenichts haben von 
Anbeginn unter einem Dache gewohnt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.