Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

es nehmen, so gut mir's kommt.“ — „Ei was!“ keifte das Weib, 
„troll dich hin zu deinem Bettelkönig! Es geschieht euch allen recht. 
Ihr saugt ja doch nur das Land aus und nehmt den armen Leuten 
die Nahrung!“ — „Was hat euch denn der arme König gethan, das 
so böse ist?“ — „Was?“ schrie das Weib, „zieht er nicht von Stadt 
zu Stadt und liegt den armen Bürgern zur Last mit seinem großen 
Troß? Und nun seg' ich dir, mach, daß du fortkommst. oder —“ 
Er wollte noch einmal die Güte versuchen, aber das boshafte Weib goß 
ihm einen Kübel Wassers über den Leib, und hätte er auch nicht wie 
ein Pudel getrieft, o mußte ihn schon der erstickende Qualm verjagen, 
der in dem Augenblick aus dem Kohlenhaufen aufstieg. Er ging still 
zu den Seinigen und sagte nichts. Bei Tische gab er einem Diener 
eine Flasche Wein und eine Schüssel voll des besten Essens und sagte 
ihm: „Trag das zu der Bäckerfrau und sag ihr, das schicke ihr der alte 
Landsknecht von heut morgen, und er lasse sich schön bedanken.“ Das 
Weib war fast des Todes vor Schrecken; sie lief zum Könige, that einen 
Fußfall und bat um Gnade. Rudolf legte ihr die Strafe auf, daß sie 
alle Schimpfworte von diesem Morgen mit demselben Geifer vor der 
Tischgesellschaft wiederholen mußte, und er gab genau acht, daß sie kein 
Wort und keine Gebärde ausließ, worüber die Anwesenden sich fast 
außer Atem lachen muͤßten. 
Ron seiner ungemeinen Geistesgegenwart noch folgendes Beispiel. 
Als »r einmal nach Nürnberg kam, daselbst einen Reichstag zu halten, 
ginn n, ve gewöhnlich, viele Bürger um Gerechtigkeit an. Unter 
diepen ur au eim Kaufmann, der hatte einem vornehmen Gastwirt in 
Nürnß 1 dem er eingekehrt war, 200 Mark Silbers in einem 
ledernen eutel aufzuheben gegeben, und als er wieder hatte wegreisen 
wolln. hatte der schurkische Wirt, der nichts Schriftliches von sich 
gegeben, die ganze Sache geleugnet. Der Kaufmann erzählte dem Kaiser 
alle einzelnen Umstände genau und sagte ihm zugleich, der Wirt würde 
mit unter den Abgeordneten der Stadt sein, die ihm heute ihre Auf⸗ 
warn* machen würden. Der Kaiser hieß ihn hierauf abtreten und 
sich dahin verborgen halten. Jetzt kamen die Abgeordneten. Rudolf 
unternte sich mit ihnen, fragte sie nach ihren Namen und Gewerben 
und »„e dann wie verloren zu dem Wirte: „Höre, du hast einen 
hüb; Hut; ich geb' dir meinen dafür.“ Der Bürger machte sich 
eine Gyre daraus, mit dem Kaiser zu tauschen, und Rudolf setzte den 
neuen Zut recht wohlgefällig auf. Während des ferneren Gesprächs 
ging er einmal hinaus, rief einen sicheren Bürgersmann und sagte ihm: 
„Lauf eilig zu des Gastwirts Frau und sage ihr, ihr Mann verlange 
ganz geschwind den ledernen Beutel mit dem Gelde des Kaufmanns — 
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