— —
daß er den Schwanz wiederholt und schnell gegen den Leib schlägt.
Wegen dieser rückkgängigen Bewegung ist der Krebs ein Bild des Rück⸗
schrittes. Man sagt däher auch von einem Schüler, der nichts lernt
oder das Gelernte leicht wieder vergißt: „Er geht den Krebsgang.“
Lüben.
84. Kannitverstan.
Der Mensch hat wohl täglich und überall Gelegenheit, Betrachtungen
über den Unbestand aller irdischen Dinge anzustellen und zufrieden zu
werden mit seinem Schicksale, wenn auch nicht viel gebratene Tauben
für ihn in der Luft umherfliegen. Aber auf dem seltsamsten Umwege
kam ein deutscher Handwerksbursche in Amsterdam durch den Irrtum zu
dieser Wahrheit und Erkenntnis. Denn als er in die große und reiche
Handelsstadt voll prächtiger Häuser, wogender Schiffe und geschäftiger
Menschen gekommen, fiel ihm sogleich ein großes, schönes Haus in die
Augen, wie er auf seiner ganzen Wanderschaft von Tuttlingen nach
Amsterdam noch keines gesehen hatte. Lange betrachtete er mit Ver—
wunderung dieses kostbare Gebäude, die sechs Kamine auf dem Dache,
die schönen Gefimse und die hohen Fenster, größer als an des Vaters
Haus daheim die Thür. Endlich konnte er sich nicht enthalten, einen Vor⸗
uͤbergehenden anzureden: „Guter Freund, könnt Ihr mir nicht sagen,
wie der Herr heißt, dem diefes wunderschöne Haus gehört mit den Fenstern
voll Tuuͤpanen, Sternblumen und Levkojen?“ Der Mann, der vermut—
lich etwas Wichtigeres zu thun hatte und zum Unglücke von der deutschen
Sprache ebensoviel verstand, als der Fragende von der holländischen,
nämlich gar nichts, sagte kurz und schnaäuzig: „Kannitverstan!“ und
schnurrte vorüber. Dies war nun ein holländisches Wort oder drei,
wenn man es recht betrachtet, und heißt auf deutsch soviel, als: „Ich
kann Euch nicht verstehen.“ Aber der gute Fremdling glaubte, es sei
der Namée des Mannes, nach dem er gefragt hatte. „Das muß ein
zrundreicher Mann sein, der Herr Kannitverstan,“ dachte er und ging
weiter. Gaßaus, gaßein kam er endlich an den Meerbusen, der das )
heißt. Da stand nun Schiff an Schiff und Mastbaum an Masthaum,
uͤnd er wußte anfänglich nicht, wie er es mit seinen zwei einzigen Augen
durchfechten sollte, alle diese Merkwürdigkeiten genug zu sehen und zu
betrachten, bis endlich ein großes Schiff seine Aufmerksamkeit auf sich
zog, das vor kurzem aus Ostindien angelangt war und jetzt eben aus—
zgeladen wurde. Schon standen ganze Reihen von Ballen und Kisten
auf⸗ und nebeneinander am Lande. Noch immer wurden mehrere heraus⸗
gewälzt, und Fässer voll Zucker und Kaffee, voll Reis und Pfeffer. Als
er lange zugesehen hatte, fragte er endlich einen Mann, der eben eine
Kiste auf der Ahsel heraustrug, wie der glückliche Mann heiße, dem das
Meer alle diese Waren ans Land bringe. „Kannitverstan!“ war die
Antwort. Da dachte er: „Aha, da schaut's heraus? Kein Wunder, wem
das Meer solche Reichtümer an das Land schwemmt, der hat gut solche
Haäufer in die Welt stellen und solcherlei Tulipanen an die Fenster in
bergoldeten Scherben!“ Jetzt ging er wieder zurück und stellte eine recht
traurige Betrachtung an, was für ein armer Tropf er sei unter so vielen
reichen Leuten in der Welt. Aber als er eben dachte: „Wenn ich's doch
auch einmal so bekäme wie dieser Herr Kannitverstan!“ kam er um eine