Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

439 
der Cherusker. Er war wie viele andere deutsche Jünglinge in 
Rom als Geisel erzogen worden und hatte sich in den Heeren aus— 
gezeichnet. Ergrimmt über die Schmach seines Volkes, entwarf er 
mit den Edelsten der Stämme einen großen Rettungsplan. Dem 
wohl überlegten Entschlusse folgte die rasche That. Um Varus 
vom Rheine weg in das innere Deutschland zu locken, meldet man 
ihm, es sei ein Aufstand unter den Völkern an der Weser aus— 
gebrochen. Die deutschen Fürsten raten ihm, hinzuziehen und die 
Empörung zu dämpfen; sie selbst versprechen, mit ihren Völkern 
zu ihm zu stoßen. Varus geht in alle Schlingen, welche ihm ge— 
legt werden. Er bricht mit 40000 Mann Kerntruppen auf und 
dringt in den Teutoburger Wald. Nirgends findet er gebahnte 
Wege, überall dicht verwachsenes Gehölz. Heftig herabströmender 
Regen, schlüpfriger, sumpfiger Boden hemmen die Schritte seiner 
schwer bewaffneten Krieger. Fürchterliche Stürme heulen in den 
Gipfeln der Bäume und vermehren den Schrecken. Da brechen die 
Verbündeten plötzlich von allen Seiten aus dem Hinterhalt hervor 
und schleudern von der Höhe ihre Geschosse herab. Drei Tage 
und drei Nächte kämpft der Überlistete mit seinen ermatteten Sol— 
daten gegen Feind und Ungewitter; nirgends erscheint Rettung, 
nirgends ein Strahl von Hoffnung. Da stürzt er sich verzweifelnd 
in sein Schwert; das ganze schöne Heer wird gefangen genommen 
oder niedergehauen. Viele Gefangene werden den Göttern geopfert; 
mancher Vornehme, dem in Rom sogar der Senat offenstand, 
wurde Leibeigener im unwirtlichen Deutschland. 
Diesem Siege verdankte Deutschland (im Jahre 9en. Chr.) 
seine Rettung und Freiheit. In Rom verbreitete die Nachricht 
davon Schrecken und Entsetzen. Augustus ließ Bart und Haupt— 
haare wachsen, rannte wie ein Wahnsinniger mit dem Kopfe gegen 
die Wand und rief: „Varus, Varus, gieb mir meine Legionen 
wieder!“ Als drohte bereits dem ganzen römischen Reich der 
Einsturz, eilten alle verfügbaren Trüppen an den Rhein. Als 
sie aber ankamen, fanden sie keinen Feind; denn die Deutschen 
wollten keineswegs Eroberungen machen, sondern nur ihre Frei— 
heit retten. 
h. Die Zerstörung Jorusalems. 
(Westermeier.) 
Als der Herr auf seinem letzten Gange nach Jerusalem 
nahe zur Stadt kam, weinte er über sie und sprach: „Wenn 
doeh aueh u du es erkenntest, und zwar an diesem deinem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.