Full text: Lesebuch für die Mittelklassen der Volksschulen

224. Aus dem Leben König Maximilians II. 
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Worten an: „Nun, wie geht's, 
Alter?“ Der Mann, gerührt über 
die unerwartete freundliche An— 
sprache, erwiderte: „Gut! Und 
wie geht's denn dir?“ „Mir geht's 
immer gut, wenn es meinem Volke 
gut geht!“ antwortete der König. — 
Bald nach dem Regierungs— 
antritt Maximilians II. kamen von 
allen Gegenden Bayerns Abgeord⸗ 
nete von Stadt- und Landgemein⸗ 
den um dem Könige ihre Ehrfurcht 
zu bezeigen. Die Kunde von seiner 
Leutseligkeit und seiner Liebe zum 
Volke hatte sich schnell überallhin 
verbreitet und das Andenken an 
Max J. wieder erweckt. Da erschienen eines Tages auch Abgeordnete 
aus dem bayerischen Gebirge. Sie hatten eine Anrede beraten, welche der 
Sprecher vortragen sollte. Als aber dieser dem Könige gegenüberstand 
und in dessen freundliches Antlitz sah, hatte er seine ganze Rede ver— 
gessen und konnte nur die Worte sagen: „Na, hab'n wir halt wieda 
an Maxl!“ — 
Einmal besuchte der König ein Hospital in München. Da stellte 
sich ihm eine hochbejahrte Pfründnerin vor, welche zur Zeit seiner Ge— 
burt in der Residenz gedient hatte. Die alte Frau beklagte sich jetzt bei 
ihm, daß sie damals bei der allgemeinen Weinausteilung, welche an— 
läßlich des freudigen Ereignisses stattfand, übergangen worden sei Der 
König hörte sie lächelnd an, tröstete sie und ließ ihr noch an demselben 
Tage einige Flaschen Wein aus dem Hofkeller zustellen. — 
Am Vorabend des Weihnachtsfestes 1853 genehmigte Maximilian 
die Begnadigung eines Militärsträflings. Weil aber die Bekanntgabe 
dieser Wohltat sich auf dem Dienstwege bis nach den Feiertagen ver— 
zögert hätte, befahl der König, der dem Gefangenen mit der Freiheit 
heitere Feiertage bereiten wollte, daß noch an demselben Abend die Ent— 
lassung desselben geschehe. — 
Ein Fremder wollte in den Kunstverein zu München eintreten, 
wurde aber von dem Diener mit der Erklärung abgewiesen: Fremde 
müssen durch ein Mitglied eingeführt werden! Der Fremde ging und 
drückte einem des Weges kommenden Manne sein Bedauern aus, daß er 
diesen Teil von Münchens Sehenswürdigkeiten nicht betrachten könne. 
Darauf sprach der Angeredete: „Ich bin Mitglied und führe Sie ein.“ 
Er führte den Fremden die Treppe hinauf, stellte ihn dem Diener als 
eingeführten Gast vor und entfernte sich sogleich, ohne den Dank ab—
	        
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