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23. Die Jugendjahre Kaiser Wilhelms I.
gestellt über den von ihm begangenen Raub, entschuldigt er sich mit seiner
Unwissenheit »nd bedauert und beklagt die von ihm leichtsinnig verübte That.
Der verantwortliche Hosgärtncr aber führt den bestürzten jungen Mann in
seine Wohnung und läßt den ganzen Thatbestand aufzeichnen und von Zeugen
unterschreiben zu seiner Rechtfertigung vor dem Rönige.
Als dieser bald nachher zur pfaucninscl kam und wie gewöhnlich fragte:
„was macht meine liebe Charlotte?" und der Gärtner unter Thränen den
Verlust meldete und den Hergang erzählte, umwölkten sich zwar des Rönig»
Züge; er blieb aber doch ruhig und gelassen »nd bemerkte nur, wie unrecht
cs sei, ihm auch seine kleinen Freude» zu verderben. Dem Volke war aber
nach wie vor der Zutritt auf der pfaueninscl erlaubt, wie sehr der gekränkte
Beamte das verbot auch empfehlen mochte, „was können den» die andere»
dafür," entgegncte der Rönig, „wenn unter Tausenden ein Ungezogener ist,
der die verstattete Freiheit mißbraucht? wozu denn diese Schönheiten,
namentlich die schnell verblühenden Blumen, wenn außer mir niemand seine
Freude daran hat? Ich kann nur selten hier sein." Als aber der Gärtner
den Namen des Thäters nennen wollte, siel der Rönig schnell abwehrend ein:
„Nein, nein, ich will d en Nam cn gar n icht w isscn; dcrkönntcmir
wieder einfallen, wenn derNann später einmal etwas zu bitten
haben sollte, vergessen, vergeben!"
23. Die Jngcndjahre Kaiser Wilhelms I.
(Zum 22. März.)
1. Die Jugendjahre des Kaisers fallen wie die seines verstorbenen
Bruders in die Zeit der schwersten Heimsuchung unseres geliebten
Vaterlandes. Er wurde am 22. März 1797 zu Berlin geboren
und war der zweite Sohn des Königs Friedrich Wilhelm 111.
Seine Mutter, die unvergeßliche Königin Luise, Pflanzte früh¬
zeitig Mitleid und Erbarmen in das Herz ihrer Kinder und sah es
gern, wenn diese wohlthätig gegen Arme und Verlassene waren.
Preußens Fürsten sind als gute Regenten auch inimer tüchtige
Feldherren gewesen. Damit sie das werden konnten, mußten sie von
Jugend auf den Kriegsdienst lernen. Seine Laufbahn als Soldat be¬
gann der Prinz schon im Jahre 1807. Als am Neujahrsmorgen die
ganze königliche Familie, die damals in Königsberg war, dem ge¬
liebten Vater ihre Glückwünsche brachte, sagte er zu seinem Sohne
Wilhelm: „Da an Deinem Geburtstage vielleicht keine Gelegenheit sein
wird, Dich ordentlich einzukleiden, weil Ihr nach Memel müßt, so
ernenne ich Dich schon heute zum Offizier und habe Dir auch eine
Uniform anfertigen lassen."