Full text: Lesebuch für die mittlere Stufe (Abteilung 1, [Schülerband])

132 
25. Sparsam ist nicht geizig. 
wo ihn der Affe holl' im Golde wühlen seh'». 
Petz, der den Hauff» Gold erblickte, 
und den die Langeweile drückte, 
sinn! sich zum Ieilverlreiß ein kleines Spielwerk aus: 
er holt ein Geldstück noch dem andern 
und loht zum Fenster frilch hinaus die Louisdor*) und die Dukaten wandern 
Das war ein Lärmen um das Haus! — 
Wer laufen konnle, lief, und bald war ein Gedränge, 
fo Kreit die Straße war, der Platz doch viel zu enge. 
Ein jeder schrie: „Herr Petz, mir auch ein Stück!" 
Man haschte, sprang und siel; und wem zum guten Glück 
eins in die Hände ffog, dem kam es hoch zu stehen. — 
Ei, welche Lust, dies Schauspiel anzusehen! 
Indessen kam der Geizige zurück. 
Er sah den Drang und ries: „was gievt's für Unglück hier? 
Mein Geld! — mein Geld! — G weh! es Kühe mir, 
komm' ich hinaus, verruchter Oiek, dein Glut!" 
hier schwieg er; denn ihm schloß die Lippen seine Wut. 
„Herr!" sprach ein alter Mann: „Herr, mäßigt Eure Hitze! 
Das Geld ist Euch wie ihm, und ihm wie Euch nichts nütze. 
Der Affe wirst es weg, und Ihr? — Ihr sperrt es ein! 
Wer mag von Euch der Klügste sein?" Geilere. 
25. Sparsam ist nicht geizig. 
Zwei Einwohner eines abgebrannten Dorfes gingen von Ort 
zu Ort, um milde Gaben für dasselbe einzusammeln. Da kamen 
sie zu einem großen Bauernhöfe, wo der Bauer eben vor der 
Thür stand. Er verwies es einem Knechte ernsthaft, daß er die 
Stricke, woran die Ochsen gespannt waren, übernacht im Regen 
gelassen habe und die Sachen nicht besser verwahre. Da sie > 
dies von weitem hörten, sagte einer zum andern: „0 weh, dieser I 
Mann ist geizig, da wird’s nicht viel geben!“ Als sie näher 
kamen, wurden sie von dem Bauer ganz freundlich empfangen 
und ins Haus geführt. Sie erzählten ihm nun ihr Unglück. 
Der Bauer ließ ihnen darauf zu essen gehen, schenkte ihnen ein 
schönes Stück Geld und versprach, noch zwei Fuhren Saatkorn 
in das verunglückte Dorf zu schicken. Die Männer verwunderten 
sich sehr über seine Wohlthätigkeit. Sie gestanden während 
des Essens freimütig, daß sie ihn am Anfange für geizig ge- 
halten, weil er dem Knechte wegen einer solchen Kleinigkeit 
einen harten Verweis gegeben hätte. 
„Liebe Freunde,“ antwortete der Bauer, „eben deswegen, 
weil ich sparsam bin, bleibt mir soviel übrig, daß ich Not¬ 
leidenden helfen kann.“ Tbinnc. 
*) Luidor.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.