Full text: Lesebuch für die Oberstufe (Abteilung 2, [Schülerband])

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noch mehr gearbeitet als sonst, weil die Mutter um der Kinder 
willen diesen Nachmittag nicht gearbeitet hatte und er nun für die 
Mutter mitarbeiten wollte. Sie erzählte ihm, daß cs ihr auf dem 
Markte so traurig zu Muthe gewesen sei. Er aber ist gar nicht 
traurig und sagt: „Wir haben wohl nichts zu essen als schwar¬ 
zes Brot und Kartoffeln; aber wir sind dabei sammt unsern Kin¬ 
dern gesund, und an Kleidung hat Gott es uns auch noch nicht 
fehlen lassen. Und das Beste haben wir umsonst, nämlich Gottes 
Wort, und wenn wir beten und in den Wegen Gottes wandeln, 
so haben wir allezeit einen gnädigen Gott." Da wurde die Mut¬ 
ter fröhlich, und als Eltern und Kinder sich zum Abendbrot nie¬ 
dergesetzt und das Tischgebet gesprochen hatten, da schmeckte ihnen 
das Schwarzbrot zu der Milch von ihren beiden Ziegen eben so 
schön, als wäre es Honigkuchen und Semmel. 
11. Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein. 
Ein reicher Herr ans der Nähe von Stockholm ging ans sei¬ 
nen Gütern spazieren und traf einen armen Tagelöhner aus dem 
Gebirge an. Er ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein und fragte 
ihn: „Weißt du, wem das Gut dort am See gehört?"— „Nein," 
sagte der Tagelöhner. „Es gehört mir. Und jenes dort am Walde 
und das Schloß auf dem Berge, weißt du, wes sie sind?" „Nein." 
,,Die sind auch mein. Ja alles, was bu hier ringsum sehen kannst, 
{ft mein." 
Der Arme stand einen Augenblick still, drückte den Spaten 
in die Erde, nahm die Mütze ab, zeigte geil Himmel und sprach: 
„Ist der da oben auch dein?" 
12. Werfet euer Vertrauen nicht weg! 
Karl war zwölf Jahre alt, da seine Mutter starb, die als 
eine arme Witwe bei der Thcurnng sich und ihr Kind kümmerlich 
ernährt hatte. Als sic starb, bezahlte die Herrschaft den Sarg und 
Predigers Küster und Gemeinde begruben sie umsonst. In der er¬ 
sten Zeit nach ihrem Tode ging Karl bei guten Leuten im Dorfe 
umher und bat um Brot und bot sich einem jeden, der ihm was 
gab, zu fleißigen Diensten an, wenn ihn nur jemand haben wollte. 
Dabei verließ er sich auf Gott, der ihm das Leben gegeben habe 
und es ihm anch gewiß gnädig erhalten werde; denn er war von 
seiner Mutter fromm und christlich erzogen worden. Endlich lenkte 
Gott das Herz des Herrn im Dorfe; er erbarmte sich seiner und 
machte ihn zum Diener seines Sohnes. Er erhielt die Erlaubniß, 
denn Unterrichte, den derselbe erhielt, beiwohnen zu dürfen, und weil 
er aufmerksam und fleißig war, lernte er was Tüchtiges. Als er 
und sein junger Herr nun größer wurden, rettete Karl diesem durch 
seine Treue und Tapferkeit einst das Leben, wofür ihn dieser spä¬ 
ter als Administrator über seine Güter setzte. Er verwaltete diese 
Stelle mit Umsicht und Treue.
	        
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