Full text: Augsburger Lesebuch für die sechste Volksschulklasse

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223 223 68. Elias Holl, Augsburgs berühmter Baumeister. 2 2 ꝛ2* 
68. Elias Holl, Augsburgs berühmter Baumeisler. 
Ein Gang durch die Altstadt Augsburgs erweckt in uns 
eine Fülle geschichtlicher Erinnerungen und auf Schritt und 
Tritt begegnen wir den Spuren altdeutscher Städteherrlichkeit. 
Neben den prächtigen Figurenbrunnen vom Ende des 16. Jahr— 
hunderts sind es vor allem die Werke des großen Baumeisters 
Elias Holl, die uns zurückführen in die Glanzzeit der alten 
Reichsstadt. 
Holls Wiege stand in Augsburg und soweit man seine 
Vorfahren zurückverfolgen kann, trieben sie in der Stadt das 
ehrsame Bauhandwerk. In seinem 17. Lebensjahre (1590) schuf 
der junge Baukünstler sein Erstlingswerk, den heute noch er— 
haltenen und viel bewunderten Erker des Hauses O 2 in der 
unteren Maximiliansstraße. Schon hier sehen wir, daß ihm 
die italienische Bauweise im Blute steckte. Bei dem geschickten 
Schreiner Wendel Dietrich, der bei der Erbauung der Münchener 
Michaelskirche eine Rolle spielte, scheint er schon einigen Begriff 
davon bekommen zu haben. Aber erst als der reiche Kaufmann 
Anton Garben im Winter 1600 den jungen Meister auf eine 
Reise nach Italien mitnahm, ging diesem angesichts der Bauten 
Palladios und anderer Künstler das tiefere Verständnis auf 
für die Bauweise der Italiener, die weniger auf zierliche äußere 
Ausgestaltung, sondern nach dem Vorbilde der alten Griechen 
und Römer auf mächtige Wirkung des Gesamtbildes bedacht 
war. „Besah mir in Venedig alles wohl und wunderliche Sachen, 
so mir zu meinem Bauwerk ferner wohl ersprießlich waren.“ 
Diese wenigen, aber vielsagenden Worte schrieb er über die 
Italienreise. 
Bald bot sich Gelegenheit zu zeigen, was er in der Fremde 
gelernt hatte. Als der alte Stadtwerkmeister sich zum Neubau 
eines Gießhauses am Katzenstadel untauglich zeigte, half Holl 
aus. Daraufhin erhielt er 1602 den Neubau des Bäckenhauses 
von der Stadt verdingt. Während dieser Arbeit ernannte ihn 
der Rat zum Stadtwerkmeister; nun bekam er die Bahn frei 
für eine langjährige, erstaunlich fruchtbare Tätigkeit, der erst 
der Dreißigjährige Krieg ein Ende bereitete. Noch im Jahre 
1602 erbaute er den oberen Teil des Kirchturmes von St. Anna, 
dann in rascher Aufeinanderfolge das Zeughaus, das Wertach— 
bruckertor, das Siegelhaus, das mitten in der oberen Maxi— 
miliansstraße stand, den Klinkertorturm, die beiden Wasser— 
türme an der Jakobermauer, das Gymnasium bei St. Anna, 
1965 — 
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