Römer und Germanen zur Zeit des Augustus und Tiberius.
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Wesen wir eine klarere Vorstellung haben, war von einem keltischen
Volke gegen einen Nachbarstamm zu Hilfe gerufen worden, setzte sich aber
nach dem Siege im Lande fest und zog immer neue germanische Volks-
Haufen über den Rhein an sich. Das mittlere Gallien drohte, germa-
nischer Besitz zu werden. Da erkannte Julius Cäsar, der im Jahre
58 Statthalter der römischen Provinz im südöstlichen Gallien war, die
Gefahr; er stellte an Ariovist die Forderung, vor ihm zu erscheinen und
die Kelten nicht ferner zu bedrücken. Da der Germane diese Zumutung
mit stolzen Worten ablehnte und sich auf das Kriegsrecht berief, so zog
Cäsar gegen ihn. Es gelang ihm, sein eingeschüchtertes Heer wieder zu
ermutigen. Nachdem eine Unterredung beider Feldherren ohne Ergebnis
verlausen war, fand die Schlacht in der Gegend des heutigen Mülhausen ZNß«.
im Elsaß statt; nach hartem Kampfe errangen die Römer den Sieg.
Ariovist entkam über den Rhein, der nun die Grenze zwischen dem römi-
schert Reich und dem Gebiete der freien Germanen wurde.
Cäsar ging zweimal auf einer Brücke über den Rhein, doch blieb
er nur kurze Zeit am rechten Ufer, da die Germanen sich vor ihm in
die Wälder und Sümpfe zurückzogen.
Römer und Germanen zur Zeit des Augustus und Tiberius.
§ 4, Die Feldzüge des Drusus und Tiberius. Erst zur Zeit des
Kaisers Augustus wurden von römischer Seite Versuche gemacht, auch ^ugustus^
die Germanen zu unterwerfen. Die Stiefsöhne des Augustus, Tiberius 14«•
und Drusus, dehnten die Herrschaft Roms bis an die Donau aus.
Dann übernahm Drusus den Befehl über die am Niederrhein stehenden Drusus'
Legionen. Durch Kastelle, aus denen später teilweise Römerstädte ent- i2-9tob.%r.
standen, sicherte er die Grenze. Mit einer mächtigen Flotte fuhr er aus
dem Rheine durch einen neu angelegten Kanal und die Zuidersee in die
Nordsee und zwang die Friesen zur Anerkennung der römischen Hoheit.
Auf seinem letzten Feldzuge, der von Mainz ausging, gelangte er bis an
die Elbe; da soll ihm eine germanische Seherin entgegengetreten sein und
den nahen Tod verkündet haben; auf dem Rückzüge stürzte er vom Roß,
brach den Schenkel und starb.
Ihm folgte als Statthalter Tiberius. Auf friedlichem Wege ge- Tiberius.
lang es ihm, eine große Zahl germanischer Häuptlinge und Völkerstämme
zur Unterwerfung zu bestimmen und so die Herrschaft Roms bis an die
Weser und darüber hinaus auszubreiten. Er führte ein Heer bis in die
Gegend des heutigen Hamburg, während seine Flotte die Nordseeküste bis
zur Spitze Jütlands erforschte. Auch gegen den Heerkönig der Marko-