Full text: [Mittelstufe, [Schülerband]] (Mittelstufe, [Schülerband])

94 — 
V 
2. 
Wo wohnt der liebe Gott? — 
Die ganze Schöpfung ist sein Mus; 
doch wenn es ihm so wohlgefällt, 
so wählet in der weiten Welt 
er sich die engste Kammer aus. 
Wie ist das eer so klein! 
Und doch auch da zieht Gott hinein. 
O halt das deine fromm und rein, 
so wählt er's auch zur Wohnung sein 
und kommt mit seinen gn 
und wird nie wieder von dir scheiden. 
12 
J 
cev. 
152. Der Bilger. 
In einem schönen Schlosse, von dem schon längst kein Stein mehr auf dem 
andern ist, lebte einst ein sehr reicher Ritter. Er verwandte sehr viel Geld darauf, 
sein Schloß recht prächtig auszuzieren; den Armen aber tat er wenig Gutes. Da 
kam nun einmal ein armer Pilger in das Schloß und bat um Nachtherberge. Der 
Ritter wies ihn trotzig ab und sprach: „Dieses Schloß ist kein Gasthaus.“ Der 
Pilger sagte: „Erlaubt mir nur drei Fragen, so will ich wieder gehen.“ Der Ritter 
sprach: „Auf diese Bedingung hin mögt Ihr immer fragen. Ich will Euch gern 
antworten.“ 
Der Pilger fragte ihn nun: „Wer wohnte wohl vor Euch in diesem Schlosse? 
„NMein Vater,“ sprach der Ritter. Der Pilger fragte weiter: „Wer wohnte vor Eurem 
Vater da?“ „Mein Großvater,“ antwortete der Ritter. „Und wer wird wohl nach 
Euch darin wohnen?“ fragte der Pilger weiter. Der Ritier sagte: „So Gott will, 
mein Sohn.“ „Nun,“ sprach der Pilger, „wenn jeder nur seine Zeit in diesem Schlosse 
wohnt, und immer einer dem andern Platz macht, was seid ihr denn anders hier als 
Gäste? Dieses Schloß ist also wirklich ein Gasihaus. Verwendet daher nicht so viel, 
dieses Haus prächtig auszuschmücken, das Euch nur auf kurze Zeit beherbergt! Tut 
lteber den Armen Gutes, so baut Ihr Euch eine bleibende Wohnung im Himmel!“ 
Der Ritter nahm diese Worte zu Herzen, behielt den Pilger über Nacht und 
wurde von dieser Zeit an wohltätiger gegen die Armen. Chr. v. Schmid. 
153. Tuther beim Tode seines Töchterleins. 
Magdalenchen, das liebe Töchterchen des frommen Luther, lag einst⸗ 
mals sehr krank danieder. Das betruübte den Vater tief, und er betete, 
da er bei ihr am Bette saß: „Ich habe sie sehr lieb. Wer, lieber Gott, 
weil es dein Wille ist, daß du sie i nen willst, so mag ich sie 
auch gerne bei dir haben.“ Vei te er sich zu seiner Tochter 
und sazte zu ihr: „Lenchen, mein Kind, du hast noch einen Vater im 
Himmel; zu deni wirst du gehen. Du bleibest gern hier bei deinem Vater 
und auch gern zu jenem Vater. e wahr?“ Sie sprach: „Ja, 
lieber Vater, wie Gott will.“ Da sagte der Valer: „Du mein liebes 
Kind, der Geist ist willig, aber das ist schwach,“ und wandte 
sich herum und weinte seht, dann fort: „Ich habe sie r sehr lieb; 
aber wir leben, oder wir sterben, so sind wir des Heun · As Lenchen n
	        
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