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Und als die Beute mustern ging Medinas Fürst auf weitem Plan, 
ward ein Satrap vor ihn geführt, er hiess mit Namen Harmosan; 
ler letzte, der im Hochgebirg dem kühnen Peind sieh widersetzt; 
doeh ach, die sonst so tapfre Hand trug eine sehwere Rette jetzt! 
Und Omar bliekt ihn finster an und spricht: „Erkennst du nun, wie sehr 
vergeblich ist vor unserm Gott der Götzendiener Gegenwehr?“ 
Und Harmosan erwiedert ihmn: „In deinen Händen ist die Macht; 
wer einem Sieger widerspricht, der viderspricht mit Unbedacht. 
Nur eine Bitte wag' ich noch, abwagend dein Geschiek und meins: 
Drei Tage foeht ieh ohne Trunk, lass reichen einen Becher Meins!“ 
Und auf des Feldherrn leisen Wink steht ihmn sogleich ein Trunk bereit; 
doch Harmosan befürchtet Gift, und zaudert eine Kleine Zeit. 
„Was zagst du,“ ruft der Saracen, „nie täuseht ein Moslem seinen Gast; 
nicht eher sollst du sterben, Freund, als bis du dies getrunken hast“ 
Da greift der Perser nach dem Glas, und statt zu trinken, sehleudert hart 
u Boden er's auf einen Stein mit rascher Geistesgegenwart. 
Und Omars Mannen stürzen schon mit blankem Schwert auf ihn heran, 
zu strafen ob der Hünterlist den allzuschlauen Harmosan; 
doch wehrt der Feldherr ihnen ab, und spricht sodann: „LEr lebe fort! 
Wenn was auf Erden heilig ist, so ist es eines Helden Wort.“ 
Platen. 1830. 
53. Das türkische Bad. 
Am Abend des zweiten Tages erreichten wir Schumla. Hunger, Kälte 
und Ermüdung nach vierzehnstündigem Ritt schüttelten mir die Glieder mit 
Fieberfrost, als ich im Karawanseraj abstieg, und die kurzen Steigbügel des 
Tartaren⸗Sattels hatten meine Beine fast gelähmt. Man schlug mir vor, 
in's türkische Bad zu gehen. Da ich von diesem Bade noch keine Vorstellung 
hatte, so schleppte ich mich mühsam dahin, um es wenigstens zu sehen. Wir 
traten in ein weites, hohes Gewölbe, in dessen Mitte ein Springbrunnen 
plätscherte, der mir die Kälte, so zu sagen, anschaulich machte, welche in diesen 
Räumen herrschte. Ich verspürte nicht die geringste Versuchung, nur das 
kleinste Slück meines Anzugs abzulegen; überdies sah ich durchaus keine 
Badewanne, und dachte nur mit Schrecken an den Springbrunnen und seine 
Eiszapfen. Mit Erstaunen sah ich auf der hölzernen Estrade, welche rings 
das Gemach umgab, mehrere Männer auf Teppichen und Matratzen liegen, 
bloß mit einem dünnen Leintuch zugedeckt, behaglich die Pfeife rauchend, und 
sich wie an einem schwülen Sommertage an der Kühle labend, die mir in 
diesem Augenblicke so entsetzlich schien. 
Der Badewärter, der in unsern bedenklichen Mienen las, führte uns in 
ein zweites Gewölbe, in welchem schon eine ganz anständige Hitze war. Hier 
bedeutete man uns durch Zeichen, daß wir uns entkleiden möchten. Man
	        
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