Die Handwerker-Kreditgenossenschaften.
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Der Zweck der Handwerker-Kreditgenossenschaften besteht
darin, den Mitgliedern sicheres und billiges Betriebskapital zu be¬
schaffen und ihnen dadurch besonders den Einkauf gegen bar zu
ermöglichen. Die Vorteile der Barzahlung springen in die Augen:
man wird besser und aufmerksamer bedient; man kauft billiger und
kann daher die Wasen wohlfeiler abgeben und so der Konkurrenz
erfolgreicher begegnen; auch kann man die Bezugsquellen jederzeit
wechseln, sobald sich an andern Stellen günstigere Bedingungen
bieten.
2. Aber woher soll die Kasse das Geld nehmen, um Vorschüsse
gewähren zu können? Das Unternehmen geht von einer Genossen¬
schaft aus, und wer zu ihr gehören will, muß sich in die gericht¬
liche Mitgliederliste eintragen lassen. Ihrer sieben müssen mindestens
beisammen sein; so will es das Genossenschaftsgesetz. Es bleibt
ihnen die Wahl, für die Verbindlichkeiten der Kasse mit ihrem ge¬
samten Vermögen zu haften (unbeschränkte Haftpflicht) oder sich
mit einer bestimmten Summe zu verbürgen. Die bisher gegründeten
Handwerkerkassen haben sich für die letztere Art der Haftung, die
beschränkte Haftpflicht, entschieden, und es läßt sich nicht leugnen,
es schläft sich ruhiger dabei. Jeder Genosse hat einen oder mehrere
Geschäftsanteile zu erwerben. Beschließt z. B. eine Genossenschaft,
die Haftsumme auf 300 Mark festzusetzen, und ein Genosse erwirbt
vier Geschäftsanteile, so haftet er für 1200 Mark. Die Anteile werden
entweder voll eingezahlt oder in wöchentlichen oder monatlichen
Raten abgetragen.
Die Kreditkasse als solche dient nur den Genossen, ist aber
in der Regel auch als Sparkasse für jedermann zugänglich. Spar¬
gelegenheiten können gar nicht genug vorhanden sein, und das ist
besonders für die Gesellen wichtig'; denn nichts birgt für den ledigen
Mann eine solche Fülle von Versuchungen in sich, wie das Geld,
welches er lose in der Tasche trägt. Überhaupt muß der Hand¬
werker dahin kommen, daß er fast gar keinen Barbestand im Hause
behält. Wie vielen Familien hat das Geld in der Kommode schon
zum Verderben gereicht! In Kleinigkeiten wird ’s vergeudet, und
man merkt kaum, daß es weniger wird. Wenn der Kleingewerbe¬
treibende erst lernt, alles überflüssige Geld aus dem Hause zu
schaffen, sowohl um sich der Versuchung zu unnützen Ausgaben
zu entziehen, als auch, um jeden Pfennig mitarbeiten zu lassen, so
wird ein nicht geringer Teil seiner Not schon gehoben sein, und
außerdem wird auf diese Weise, den Handwerkerkassen ein wichtiger
Teil ihres Betriebskapitals zugeführt.
Sehr wichtig ist es nun, daß zwischen den verschiedenen Einzel¬
kassen eine Geldausgleichstelle vorhanden ist, damit der Überschuß
bei der einen Kasse dem Mangel bei einer andern abhilft. Zu diesem
Zwecke schließen sich die Handwerkerkassen eines größeren Be¬
zirkes, etwa einer Provinz, zu einem Verbände zusammen. Die
Mitglieder der Verbandskasse sind also nicht einzelne. Handwerker,
sondern die Genossenschaftskassen.
Oft erscheint es jedoch zweckmäßig, auch zwischen den ein¬
zelnen Verbänden einen Ausgleich der Geldmittel vorzunehmen, und