Dresden neue Stufen entdecken wird.“ Aber die Andern schüttelten in bangem 
Zweifel die Häupter. 
Denn fürwahr, es war eine traurige Zeit und gewiß kein Wunder, daß 
die braven Annaberger den Muth tiefer und immer tiefer sinken ließen. 
Was sollte aus ihnen werden, wenn die Gruben wirklich ausgebraucht waren? 
Sie mußten dann verhungern; denn sie hatten da oben im Gebirge keinen 
andern Erwerb. Und in der nächsten Woche kam Klaus mit dem zweiten 
Herrn Studirten aus Dresden an. Der fuhr bald in diesen, bald in jenen 
Schacht, der beklopfte alle Wände, und sprach dazu nur lateinisch, der nahm 
Messungen nach rechts und links, in die Höhe und Tiefe vor; aber er fand 
auch nichts. Schließlich schüttelte er dann sein weises Haupt, und ging mit 
einer Rolle Silbergulden aus dem Seckel des Bergherrn wieder von dannen. 
Nun gab es keine Hoffnung mehr für die armen Leute. Ihre Hämmer 
und Eisen rosteten, in den Ställen ward es leerer und stiller, und obendrein 
brach noch ein grausiges Hagelwetter los. Da sank denn auch unserm Herrn 
Christoph zuletzt aller Muth, und die heitere Miene, die er bisher der Um— 
gebung willen zur Schau getragen, verschwand gänzlich. 
Da geschah es eines Tages, daß ein armes Weib mit drei hungernden 
Kindern an die Thür von Herrn Uttmanns Hause pochte. Sie war eine 
Fremde, kam weit daher, und bat um Gottes willen, ihnen ein Stück Brod 
und für kurze Zeit eine Ruhestatt zu geben. Frau Barbara empfing die 
Arme nach ihrer Gewohnheit mit gütigen Worten, lud sie in's Haus ein, und 
erquickte sie aufss beste mit Speise und Trank. Sie wies den hilflosen 
Wanderern ein gar behaglich Kämmerlein an, und sie freute sich herzlich der 
Ruhe, welche die Müden darin fanden. 
Sie hatte die Fremde nicht gefragt, woher sie komme, noch wohin sie 
wolle; sie war arm und ihrer Hilfe bedürftig, — das war ihr genug. Aber 
kurze Zeit darnach trat aus dem Kämmerlein die fremde Frau wieder zu ihr 
herein, setzte sich auf Barbaras Einladung zu ihr an den Tisch, und begann 
nun unaufgefordert von ihrer Heimat, Flucht und Wanderung zu erzählen. 
Dabei griff sie, um nicht müßig zu sitzen, in die Tasche und zog ein Päckchen 
hervor. Es enthielt kurze, hölzerne Stäbchen, die in kleine Haken von Eisen— 
draht ausliefen, eine Rolle Zwirn und ein auf Papier gezeichnetes Muster. 
Dieses Muster ward nun über den Tisch gebreitet, von der Rolle ein Faden 
abgelöst und um das eine Stäbchen geschlungen, und Barbara hätte über die 
Geschwindigkeit, mit der die Fremde bald die Hölzer zu kreuzen, bald die 
Faden um die Haken zu wickeln, bald die wunderlichen Knoten zu schlingen 
wußte, erstaunt sein müssen, wenn sie darauf Acht gegeben hätte. Doch sah 
sie nur in das Gesicht der Frau, deren Erzählung das größte Mitleid hervor— 
rufen mußte Sie war aus Brabant. Glücklich hatte sie mit den Ihrigen 
bis zu der Zeit gelebt, da Herzog Alba von König Philipp von Spanien als 
Statthalter nach den Niederlanden geschickt wurde. Kaum in Flandern an— 
gelangt, setzte er einen Blutrath ein, von dem Alle, deren Meinungen Ver— 
5*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.