406
Thue keinem Mädchen Leides und denke, daß Deine Mutter auch ein
Mädchen gewesen ist.
Sage nicht alles, was Du weißt, aber wisse immer, was Du sagest.
Hänge Dich an keinen Großen. Sitze nicht, wo die Spötter sitzen, denn sie
sind die elendesten unter allen Kreaturen. Nicht die frömmelnden, aber die
frommen Menschen achte und geh ihnen nach. Ein Mensch, der wahre Gottes—
furcht im Herzen hat, ist wie die Sonne, die da scheint und wärmt, wenn
sie auch nicht redet. Thue, was des Lohnes wert ist, und begehre keinen.
Habe immer etwas Gutes im Sinn.
10 Wenn ich gestorben bin, so drücke mir die Augen zu und beweine mich
nicht. Stehe Deiner Mutter bei und ehre sie, so lange sie lebt, und begrabe
sie neben mir. Und sinne täglich nach über Tod und Leben, ob Du es finden
möchtest, und habe einen freudigen Mut; und geh nicht aus der Welt, ohne
Deine Liebe und Ehrfurcht gegen den Stifter des Christentums durch irgend
15 etwas öffentlich bezeuget zu haben.
Dein
treuer Vater.
287. Abschiedsworte eines Vaters an seinen Sohn.
(Sturm.)
M
25
30
35
Du wanderst in die Welt hinaus
auf dir noch fremden Wegen,
doch folgt dir aus dem stillen Haus
der treusten Liebe Segen.
Ein Ende nahm das leichte Spiel,
es naht der Ernst des Lebens;
behalt im Auge fest dein ZFiel,
geh keinen Schritt vergebens.
Gerader Weg, gerades Wort,
so will's dem Mann gebühren;
wer Ehre sich erwählt zum Hort
den kann kein Schalk verführen.
Nimm auf die Schultern Cast und Müh
mit frohem Gottvertrauen
und lerne, wirkend spät und früh,
den eignen Herd dir bauen.
Halt hoch das Haupt, was dir auch droht,
und werde nie zum Unechte;
brich mit dem Armen gern dein Brot
und wahre seine Rechte.