Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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wo Hirsche schreien. In Hirschgärten ist schon oftmals der Fall vorgekommen, 
daß Hirsche ihre Wärter denen sie immer ganz freundlich begegnet waren, 
unvermutet überfielen und tödteten 
Inm Schwimmen, Laufen und Springen zeigt das Rothwild außerordent— 
liche Fertigkeit Springt es über einen Zaun so zieht es dabei alle vier 
Läufe dicht unter den Leib, läuft es durch Buschwerk oder schwimmt es, so 
legt es das Geweih auf den Rucken— 
Gegen Abend zieht das Rothwild auf Aesung und gegen Morgen wieder 
in den Wald. Im Frühjahr frißt es junge Saat, Gras, Baumknospen 
un w. im Sommer fast alle Pflanzen, vorzüglich aber junge Triebe der 
Haseln und Eichen, Klee, Kohl, Erbsen, Bohnen und reifes Getreide; im 
Winter Saat, Baumknospen, Baumrinde un . 
Das Fleisch des Hirsches ist wohlschmeckend, die Haut gibt ein sehr 
weiches haltbares Leder zu Beinkleidern und Handschuhen, der Talg hat die 
Eigenschaft des Rindstalges und wird zu Heilzwecken verwendet. Das Ge— 
weih wird zu Messerheften, Hirschfängergriffen u. s. w. verarbeitet. 
Man hat schon Hirsche zum Fahren abgerichtet. Ein Viergespann von 
Hirschen — nen praͤchugen Anblct. s hat sich aber immet gezeigt, 
aß sie schwer zu lenken sind und bei dergleichen Beschäftigung nicht lange 
eben. 
114. Johannes Kant. 
(Schwab.) 
Herr Kant ein Doetor Theologiä war, 
in schwarzer Kutte, mit langem Bart und Haar, 
so saß er zu Krakau auf dem Lehrersitz, 
so ging er einher gegürtet in Kält' und Hitz', 
ein rein Gemüt, ein immer gleicher Sinn, 
dem Unrecht dulden, nicht thun, stets däuchte Gewinn. 
Im grauen Alter zog ein Sehnen den Kant 
gen Schlesien, in sein altes Vaterland. 
Er schloß die Bücher in'n Schrein, bestellt' sein Haus 
den Seckel nahm er und zog in die Fern' hinaus 
Gemächlich ritt in der schweren, schwarzen Tracht 
der Doctor durch der polnischen Wälder Nacht, 
doch in der Seele, da wohnt' ihm ein lichter Schein, 
die goldnen Sprüche zogen aus und ein, 
ins Herz schoß Strahlen ihm das göttliche Wort, 
voll innern Sonnenlichtes, so ritt er fort. 
Auch merkt er nicht, wie das Thier in finstrer Schlucht 
den Weg durch Abenddunkel und Dickicht sucht, 
er hört nicht vor und hinter sich Tritt und Trott, 
er ist noch immer allein mit seinem Gott. 
Da wimmelt's plötzlich um ihn zu Roß, zu Fuß, 
da flucht ins Ohr ihm der Wegelagerer Gruß; 
es stürmen auf den heiligen Mann sie ein, 
es blinken Messer und Schwert im Mondenschein 
Er weiß nicht, wie ihm geschieht, er steigt vom Roß, 
und eh' sie's fordern, theilt er sein Gut dem Troß; 
Gabriel u. Supprian, Lesebuch. I. 
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