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III. Aus Geschichte und Menschenleben.
117. Die auplter.
L Auypten war eines der ältesten und mächtigsten Königreiche. Kein
Land hat eine so lange Reihe von Königen aufzuweisen als dieses.
AÄghptische Gelehrsamkeit und Weisheit war sprichwörtlich geworden. Die
Zahl seiner Städte und seiner Bewohner, wie sie die alten Geschicht⸗
schreiber angeben, grenzt an das Unglaubliche. Natur und Kunst hatten
sich vereinigt, das Land höchst fruchtbar zu machen; man naunte es das
Kornhaus der Welt.
2. Das Land, das diesen Namen trägt, ist eigentlich das lange und
mit Ausnahme des Deltas nur 15--18 Kilometer breite Thal des Flusses
Nil. Vom Juni bis zum September werden die Niederungen vom Nil
überschwemmt und das lange Thal wird dadurch in einen See ver—⸗
wandelt, aus dem die Dörfer und Städte wie Inseln hervorragen. Der
Schlamm, den der Strom mit sich führt, befruchtet die Felder und macht
den ausgebrannten, staubigen Boden zu einem grünenden Garten, in
welchem Getreide, Reis und Baumwolle aufs üppigste gedeihen. Erreicht
der Wasserstand nicht die erforderliche Höhe, so erfolgt Mißwachs; ist
die Überschwemmung reichlich, so wächst alles im Überfluß.
3. Die größten Städte des Landes waren Theben (No oder No⸗Amon,
Hesek. 80, 14) im südlichen und Memphis (Moph oder Noph, Jes. 19
13) im nördlichen Teile Äghptens unweit des jebigen Kairo. Trümmen
aller Art, die mehrere Kilometer weit das Land bedecken, zeugen noch
heute von ihrer Größe und Pracht. Bewundernswürdig sind vornehm⸗
lich die sogenannten Pyramiden, deren es über 40 giebt. / Es sind das
vierseitige Gebäude von Stein, die sich nach oben immer mehr zuspitzen
und den Königen als Begräbnisse dienten. Die höchste derselben war
146 Meter hoch und unten 233 Meter breit und lang; es sollen an
derselben 100 000 Arbeiter 80 Jahre gebaut haben.
Diese Pyramiden, ebenso die sogenannten Obelisken, d. h. spitz zu⸗
laufende Säulen von 16 bis zu 58 Meter Höhe, aus einem einzigen
Granitblock gehauen, und verschiedene riesenhafte Trümmer von Tempeln