Full text: Handbuch der Vaterlandskunde

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des schwäbischen Bundes an die Schweizer gerichtet, und die Furcht 
vor dem mächtigen Kaiser hielt sie wie alle Freunde Ulrichs vor 
jeder thatkräftigen Hülfe ab, und der unglückliche Fürst sah sich also 
nach kurzer Herrschaft vom Sitze der Väter bleibend vertrieben und 
ins Elend gestürzt. Das schöne Land, das er und seine Vorfahren 
durch so manchen Kampf mit Mühe und Anstrengung erworben, 
war die Beute eines fremden Herrschers geworden, auf ewig ver¬ 
loren für ihn und sein Geschlecht; und Württembergs Fürsten, deren 
Ahnen einst um die Kaiserkrone hatten werben dürfen, sollten nun 
künftig an einem fremden Hofe das Gnadenbrvd esien! 
Zu Anfang des Jahres 1520 kamen die kaiserlichen Abgeord¬ 
neten in das Land, um im Namen ihres Herrn die Huldigung des 
Volkes zu empfangen. Der Tübinger Vertrag und alle sonstigen 
Rechte und Freiheiten wurden bestätigt, die Bitten der Landschaft 
um Besetzung der Regierungs-Eanzlei und anderer Aemter mit red¬ 
lichen, frommen und verständigen Leuten, Abstellung des Wildscha¬ 
dens, freien Zug :c. bewilligt und ihren Beschwerden Abhülfe zuge- 
gesagt. Dennoch gelang es der neuen Herrschaft nicht, sich allgemein 
beliebt zu machen, und während in manchem Einzelnen, der zu Ul¬ 
richs Entsetzung mitgewirkt hatte, jetzt, da es doch nicht besser gehen 
wollte, die Reue und die Sehnsucht nach dem angestammten Herrscher 
erwachte und die Regierung viel „seltsamer, leichtfertiger und böser 
Reden" hören mußte, so daß sie endlich bei Strafe des Augenaus- 
stechens und der Enthauptung verbieten mußte, den Herzog und 
seine Anhänger zu unterstützen, wurde auch die Landschaft selbst immer 
unzufriedener. Denn noch immer gabs der Steuern, der Frvhn- 
dienste und anderer Lasten eine Menge. Die Prälaten wurden mit 
wenig Schonung behandelt und gerade sie trafen oft ohne alle Rück¬ 
sicht auf ihre Lage neue Umlagen am härtesten. Der Adel endlich 
hatte durch die neue Regierung ebenfalls wenig gewonnen, denn der 
prachtvollen Hofhaltung des Herzogs gegenüber war die Hofhaltung 
Ferdinands äußerst sparsam, ja kärglich eingerichtet, zumal als der 
neue Herrscher nur selten auf längere Zeit im Lande weilte, und 
al>v Hvffeste, Turniere und dergleichen kaum je vorkamen. So konnten 
die Ritter getrost auf ihren Burgen sitzen und oft lauge warten, bis 
man sie einmal nach Stuttgart rief, und wenn dies je zuweilen ge¬ 
schah, so war es, damit sie einen Dienst thun, für den Kaiser oder 
seinen Bruder einen Zug mitmacheu sollte» rc.
	        
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