D. Heimat und Fremde.
auf dem Vatikanberge, und bald entschleiert sich unter ihm der herrlichste Bau
des neuen Roms, die prächtigste und ehrwürdigste Kirche der Christenheit. Sie
umschließt den geheiligten Boden, der das Blut der Apostel und Märtyrer trank.
Schöner und immer schöner wird die Ansicht der ewigen Stadt, immer
mehr Bauwerke, immer mehr von den Hunderlen von Kirchen, die Rom
zählt, immer mehr der herrlichen Paläste werden sichtbar, und im Hintergrunde
erscheinen die Albaner und die Sabiner Berge.
Die Peterskirche ist ein ungeheures Gebäude; über 100 Jahre währte
ihr Bau, und mehr als 200 Millionen Mark hat er gekostet. Schon die
Vorhalle hat eine Ausdehnung, daß eine ziemlich große Kirche bequem darin
Platz hätte. Das Gebäude, welches neben dem Vatikan, der Wohnung des
Papstes, emporsteigt, ist gegen 216 m lang und 93 m breit, bis zum Dache
130 in hoch. So scheint das Wort eines Schriftstellers fast keine Übertreibung,
wenn er sagt: „die Gänge in der Peterskirche seien Straßen, in denen Kirchen
stehen“. An der Vorderseite hat sie fünf große Pforten und zwei Türme, im
Innern 29 Altäre; sie ist ganz mit Marmor bekleidet. Der Hochaltar, an
welchem nur der Papst das heilige Meßopfer darbringt, steht mitlen in der
Kirche, von allen Seiten frei; über ihm ist ein Thronhimmel, der von vier
über 30 m hohen ehernen Säulen getragen wird. Unter dem hohen Altare
befindet sich eine unterirdische Kapelle mit den Gräbern der heil. Apostel Petrus
und Paulus und zahlloser Märtyrer, vor denen 112 Lampen brennen, die
nur am Karfreitage ausgelöscht werden. Über dem Hochaltar ragt die
Kuppel hoch empor, die größte und schönste der Erde. Sie wird von vier
ungeheuern Pfeilern getragen, deren jeder etwa 30 m im Durchmesser hat.
Denkt man sich die Pfeiler ausgehöhlt, so würde man in jedem derselben
einen Raum für eine mäßig große Kirche gewinnen. „Je öfter wir zu diesem
Wundertempel wiederkehren,“ schreibt ein Reisender, „desto mehr bildet sich
das Auge zur Schätzung seiner Größe heran; unser Staunen beginnt erst,
wenn wir zu messen anfangen und z. B. die Engel am ersten Pfeiler, die wir in
Manneshöhe wähnen, hoch über uns schweben sehen, oder wahrnehmen, wie
in der Karwoche oft 80 000 Menschen in dieser unermeßlichen Halle sich verlieren.“
Der schöne Petersplatz vor der Kirche ist 70 m lang, kreisrund, um—
geben von dreifachen Säulengängen in Halbkreisen; in den Hallen stehen über
300 Standbilder von Heiligen. Mitten auf dem Platze erhebt sich ein
30 m hoher Obelisk aus Ägypten, eine Pyramide aus einem einzigen
Stein; ihm zur Seite befinden sich zwei schöne Springbrunnen. An die
Kirche stößt der Vatikaen. Er enthält 22 innere Höfe und ungefähr
1000 Räume, von denen einige 200 Schritte lange sind.
Aus dem „Württkemb. Lesebnche.“
212. Der Olbaum.
I. Des Obaumes Heimat sind die Lunder umd Inseln des Mittel-
meeres. Dort ist er iberall, auch neben der ärmsten Hiitte æu finden,
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