98. I)ate und Sperling. Von Julius Sturm.
101 neue Fabeln. Herausg. von Frida Schanz. Leipzig 0. J. 8. 27.
OfJon eines Adlers Klau'n verwundet, klagte
ein Häslein, das ein Sperling höhnisch fragte:
„Du rühmst dich immer deiner Schnelligkeit,
weshalb entflohst du nicht bei guter Zeit?" —
Da Plötzlich stieß ein Habicht auf ihn nieder
und schlug die Klauen tief ihm ins Gefieder;
da rief der Hase: „Überkluger Wicht,
du hast ja Flügel, weshalb flohst du nicht?"
99. BUuwUcben. Von friedricb forTter.
Romanzen, Erzählungen, Legenden. Berlin 1838. 8. 86.
Œin kleines Blauveilchen
stand eben erst ein Weilchen
unten im Tal am Bach.
Da dacht' es einmal nach
5 und sprach:
„Daß ich hier unten blüh',
lohnt sich kaum der Müh',
muß mich überall bücken
und drücken,
10 bin so ins Niedre gestellt,
sehe gar nichts von der Welt;
drum wär' es ganz gescheit getan,
ich stieg' ein bißchen höher hinan." —
Und wie gesagt, so getan.
15 Aus dem Wiesenland
mit eigner Hand
zieht es ein Beinchen nach dem andern
und begibt sich aufs Wandern.
„Drüben der Hügel wär' mir schon recht;
20 wenn ich den erreichen möcht',
könnt' ich ein Stückchen weiter sehn;
dahin will ich gehn!"
Und so im behenden Lauf
steigt das Veilchen den Hügel hinauf,
25 Pflanzt sich dort oben ein
im schönsten Sonnenschein.
Kaum aber hat es hier einen Tag gestanden,
meint es: „Von allen Landen