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Langsam reiten wir heran und haben, als wir uns dem bereits
verendeten Wild nahern, alle Mühe, die Pferde zu beruhigen, die
vor den toten Körpern im wallenden Federkleide scheuen. Wir
satteln ab und lassen die Pferde weiden, für uns aber beginnt die
mũhevolle Arbeit des Auslõsens der prãchtigen Federn, die geraume
Zeit in Anspruch nimmt. Dann überlassen wir uns im Schatten
einiger weitverzweigter Dornbüsche der Ruhe, und spät am Abend
erst reiten wir in die Schlucht hinein, wo uns die Kameraden aus
Omaruru bereits am lodernden Wachtfeuer erwarten.
Kurd Schwabe Gammlung kolonialer Lesestucke).
235. Bedeutung der Gebirge für die Bewãlsserung.
1. Von besonderer Bedeutung erweisen sich die Bodenanschwellungen un—
serer Erdrinde zunächst für dasjenige Element, das in den Vertiefungen des
Erdbodens, in den Tälern, bald mit geheimnisvollem Murmeln, bald mit
majestätischem Wogen dahinrauscht. Ohne das Gebirge gäbe es keine
Quellen, keine Bäche, keine Flüsse, keine Ströme. Überall in der ganzen
Weite der Erdteile, von Ozean zu Ozean, müßten die Regenschauer in
gleichem Maße den Erdboden tränken, und die aus den Wolken hernieder⸗
gefallenen Wasser würden keine Abschrägung der Bodenfläche vorfinden, um
zum Meere abzufließen; sie wären gezwungen, sich zu ungeheuren Sümpfen
und Seen auszubreiten.
Die Wasserdämpfe, welche in der Luft enthalten sind, schlagen an den
abkühlend auf die Wolken einwirkenden Gipfeln und Abhängen der Gebirge
nieder. Hier wird dem Reiche der Wolken das segenbringende Naß ent—
zogen, und entweder auf den Abhängen in Firnmeeren und Gletschermassen
aufgespeichert oder in die dunkeln, unerschöpflichen Behälter der Gebirgs—
hohlräume hineingeleitet. Hier flutet es in tausend verborgenen Kanälen,
bis es endlich in zahlreichen Quellen aus dem ewigen Dunkel murmelnd
hervorsprudelt, dem goldenen Sonnenlicht entgegen. Dann rollt es in seinen
Rinnsalen weiter vorwärts, hinein in den Bach und aus dem Bach in den
Strom und aus dem Strome hinein in das weite, weite Meer. Von dort aus
tritt es wieder seine Wanderung an hinauf ins Reich der Wolken, wenn es
nicht schon vorher auf seiner Wanderschaft talwärts ein Opfer des Verdunstungs⸗
vorganges geworden ist. So kreist das Wasser im ewigen Laufe; aus der
Wolke strömt der Regen hernieder ins Gebirge, aus dem Gebirge flutet
das Wasser hinaus ins Meer, aus dem Meere steigt der Dampf hinauf zur
Wolke, und aus der Wolke quillt der Segen von neuem hinein ins Ge—
birge, und der Dichter hat recht, wenn er den Hirtenknaben auf dem Berge
singen läßt:
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