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sotzte er sich auf ein Pferd und ritt nach der Stadt. Der gute Hund
durfte auch mit; er bellte vor Freude, machte grosse Sprünge und lief hin
und her. Das Pferd trabte lustig dahin, und der Vater sals vergnügt
darauf und freute sich, abends wieder bei seinen Kindern zu sein.
In der Stadt angekommen, holte der Vater das viele Geld, und nach-—
dem er etwas gegessen und getrunken hatte, das Pferd ausgeruht und
gefuüttert war und aueh der Hund in der Kuche einige Knochen zum
Abnagen bekommen hatte, machte er sieh auf den Rückweg. Den Geldsack
schnallte er mit einem ledernen Riemen auf das Pferd, und nun ging's der
10 Heimat zu. Der Hund lBief lustig hin und her, bald war er hinten, bald
vorn. Mie er nun so um das Pferd herumlief, sah er, wie der Geldsack
aus dem ledernen Riemen herausrutschte und auf die Erde fiel. Der Herr
hatte das niecht bemerkt und ritt rubig weiter. Da fing der Hund an,
heftig zu bellen, aber niemand hörte auf ihn, und das Pferd trabte immer
15 fort. Da ward der Hund unrubiger, sprang vor dem Pferd in die Höbe
und wollte es durchaus nicht weiter lassen; aber der Vater jagte den Hund
fort, und das Pferd lief hierauf nur um so schneller. Da wulste sich der
treue Hund nicht anders zu helfen, er that ganz unsinnig und bils das
Pferd in das Bein. Daruber erschrak der Vater sebr und rief traurig:
20 ,Ach, mein guter, treuer Hund ist wütend geworden!“ Und damit er keine
andern Tiere oder gar einen Menschen beisson möge, nahm er seine
Pistole und schoss den Hund tot.
Der Vater ritt mit betrübtem Herzen weiter und kam nach Hause.
As er aber von seinem Pferde stieg, da sah er, dals er seinen Geldsack
verloren hatte. Jetzt wulste er, warum sein treuer Hund so wütend ge—
bellt und das Pferd gebisson hatte. Er setzte sieh sogleich wieder auf
das Pferd und ritt zuruek, um das Geld zu suehen. Als er an die Stelle
kam, wo er auf den Hund geschossen hatte, da sah er viel Blut, aber der
Hund lag nicht da; dagegen bemerkte er, dass sich auf der Strasse eine
30 Blutspur hinzog. Dieser ging er nach und fand seinen Hund neben dem
Geldsack liegen; er hatte sich noch mit seinen letzten Kräften zu dem
Gelde hingeschleppt, um es für seinen Herrn zu bewachen. Der Vater
stieg sehnell vom Pferd; da leckte der treue Hund noch einmal seines
Herrn Hand — und starb.
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23. Die Hunde auf dem St. Bernhardsberge.
ena.)
Uber den grossen St. Bernhard führt ein sehr betriebener Bergpals
aus Wallis nach Italien. In dem öden, hohen Felsenthale, umschlossen von
Bergen, die mit ewigem Schnee bedeckt sind, stebt die höchste menseh-—
10 liche Wohnung in der alten Welt, das Kloster des heiligen Bernhard. Hier
wohnen zehn bis zwölf fromme Mönche, deren einziges Geschäft es ist,
die Reisenden unentgeltlich zu bewirten und ihnen alle Hilfe angedeihen zu
lassen. In den acht oder neun Monaten des Jahres, in denen Schnee, Nebel,
Ungewitter und Schneelawinen den Weg sehr gefährlich machen, streifen
5 diese Geistlichen oder ihre Diener taglich umher, um Verirrte aufzusuchen
oder Versunkene zu retten. Schon seit vielen Jahren bedienen sie sich