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Dritter Teis
Nachbarschaft und Ferne.
z 188. Rußland.
ußland nimmt den ganzen Nordosten Europas ein. Es hat außerdem
3 uͤngeheure Länderstrecken in Asien, von denen es durch den Ur al,
ein erz⸗ und waldreiches Gebirge, geschieden ist. Sein Boden ist
meist eine weite Ebene, von Hügelketten durchzogen. Seine vielen Flüsse
strömen gen Süden und Südoͤsten ins schwarze und kaspische Meer, gen
Norden ünd Nordosten ins weiße Meer und in die Ostsee. Wegen seiner
großen Ausdehnung von Norden nach Süden hat es große Unterschiede im
Klima; es besitzt Landstriche, die zu den wärmsten, und solche, die zu den
kältesten Ländern Europas gehören, und auch in seinen mittleren Landschaften
wird es im Sommer sehr warm, im Winter sehr kalt. Unsre Ostwinde, welche
im Winter oft schneidend sind, kommen über Rußland. Am wärmsten sind
die Steppenländer, welche sich am schwarzen und kaspischen Meere aus—
breiten. Da gedeihen Walnüsse, Granaten, Feigen, Obst, Kastanien, Ol—
und Cypressenbäume und der Weinstock, und auf den fruchtbaren Strichen
prangen gesegnete Weizenfelder. Doch meist ist der Boden dürr und öde;
man erblickt nur unermeßliche weite Grasfelder, in denen Herden von Rindern,
wilden Pferden und Schafen umherschweifen; alles einsam, selten ein Dorf
oder ein einsames Posthaus. Die Natur schläft hier einen langen Winter—
schlaf. Schmilzt endlich im Frühlinge der Schnee, so wird der Boden überall
weich; von allen Erdrücken und in allen Thälern fließt schmutziges Wasser
und ergießt sich mitten durch die Dörfer. Danach kommt die angenehmste
Zeit für das Leben in der Steppe; das Gras sprießt, Halm an Halm,
empor und dazwischen große, grobe Kräuter. Noch giebt es Regen und des
Nachts Tau. In der Mitle des Junis hört beides auf. Dann beginnt
die Sommerhitze, die alles versengt und die Steppe zur Wüste macht; meilen—
weit kann man wandern, ehe man eine Quelle findet. — Mittelrußland
hat sehr fruchtbaren Boden, auf welchem besonders Roggen, Lein und Hanf
gebaut wird; auch beginnen hier schon die großen Waldungen, welche weiter
nach Norden sich immer mehr verbreiten. Da liegt Moskau, die alte
Hauptstadt Rußlands. Sie hat fünf Meilen im Umfange. Aus ihrer
Häusermasse erheben sich 300 Kirchen, deren Kuppeln und Türme vergoldet
oder angestrichen sind. Paläste, Hütten, Seeen, Felder und Gärten wechseln
miteinander. Sie treibt Handel nach allen großen Städten der Erde. Eine
Eisenbahn verbindet sie mit Petersburg, der kaiserlichen Residenz. Der
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