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Gebäude und sahen dem sinkenden Feuer zu. Aber selten trat einer
zu Jörn Uhl und seinem Kinde. Er hatte immer etwas Wunderliches
gehabt, etwas Nachdenkliches und Wortkarges, mit einem Strich ins
Hochmütige.
„Nun, da er nicht aus noch ein gewußt hat, hat er nach dem
letzten Rettungsmittel gegriffen und ist ein Brandstifter geworden.“
„Wahrhaftig, er steht da mit einem Gesicht wie ein Verbrecher.
Seht, was für ein Gesicht!“
„Mensch, was sagte er zu dir? ... Ich muß sagen, ich hätte
es ihm nicht zugetraut.“
„Mensch, was willst du mit dem reden? Es ist doch ar
na, du kannst dir denken, was ich meine.“
Namentlich von den Arbeitern, welche geneigt sind, in dem Leben
des Bauern das Böse deutlich zu sehen, das Gute aber nicht zu finden,
redeten viele über ihn. Er war ja immer knapp und wortkarg gegen
sie gewesen und fast geizig. Er hatte ja immer Sorgen und Geldnot
gehabt.
Also stand Jörn Uhl stundenlang unter den Pappeln, da, wo der
Fahrweg nach den Scheunen umbiegt, da, wo er an dem Abend ge—
standen hatte, als er von dem Feldzuge heimkehrte.
Aber als Mitternacht vorbei war, kamen die beiden Knechte von
Hargen Folkens und sagten, als sie heute abend um sieben Uhr vom
Felde gekommen wären und der furchtbare Schlag gefallen wäre, hätten
sie deutlich gesehen, daß die Uhl getroffen wäre. Sie hätten gesehen,
wie ein brennender Pappelzweig oder Pappe von dem First, oder was
es gewesen wäre, aufgeflogen wäre. Sie hätten auf der Stelle Halt
gemacht und hätten gewartet, daß Feuer auffahren würde, und sich
sehr gewundert, daß es nicht geschah. Auch der Kleinknecht auf der
Uhl sagte, daß der Schlag ihn fast umgeworfen hätte, als er zwischen
Haus und Scheune unterwegs gewesen wäre, und daß er um den Giebel
einen leichten Rauch bemerkt hätte und auf der Hofstelle brenzlichen
Geruch. Diese Reden verbreiteten sich rasch. Da traten viele Männer
und Frauen an Jörn Uhl heran, erzählten ihm, was sie gehört hatten,
wußten auch von ähnlichen Blitzschlägen zu sagen und sprachen ihm mit
herzlichen Worten Mut zu.
Als die Kälte des Morgens kam, verliefen sie sich.
Als der Himmel grau wurde, ging Jörn Uhl über den Weg zu
Laspar Krey. Einige Sterne standen noch hoch am Himmel wie über—
müde, glänzende Augen in einem blassen, überwachten Gesicht. Als
er in die Stubentür trat, stellte Wieten sich ihm in den Weg. Aber
Deutsches Lesebuch, Oberstufe. J. Auflage.