8. Und nun kam die Nacht, und wir ritten hindann,
rundum die Wachtfeuer lohten;
die Rosse schnoben; der Regen rann, —
und wir dachten der Toten, der Toten! r Freiugrath
267. Die Schlacht bei Sedan am 1. September 1870.
(Brief König Wilhelms an die Königin Augusta.)
Vendresse (südlich Sedan), 3. September 1870.
Du kennst nun durch meine drei Telegramme den ganzen Umfang
des großen geschichtlichen Ereignisses, das sich zugetragen hat. Es ist wie
ein Traum, selbst wenn man es Stunde für Stunde hat abrollen sehen! 10
Wenn ich mir denke, daß nach einem großen, glücklichen Kriege ich
während meiner Regierung nichts Ruhmreicheres mehr erwarten konnte,
und wenn ich nun diesen weltgeschichtlichen Akt erfolgt sehe, so beuge ich
mich vor Gott, der allein mich, mein Heer und meine Mitverbündeten
ausersehen hat, das Geschehene zu vollbringen, und uns zu Werkzeugen 15
seines Willens bestellt hat. Nur in diesem Sinne vermag ich das Werk
aufzufassen, um in Demut Gottes Führung und seine Gnade zu preisen.
Nun folge ein Bild der Schlacht und deren Folgen in gedrängter Kürze.
Die Armee war am Abend des 31. und am 1. früh in den vorge—
schriebenen Stellungen angelangt, rund um Sedan. Der Kampf begann 20
trotz dichten Nebels schon früh am Morgen, und es entspann sich nach
und nach ein sehr hitziges Gefecht, wobei in den Dörfern Haus für Haus
genommen werden mußte, was fast den ganzen Tag dauerte. Als ich
um 8 Uhr auf der Front vor Sedan eintraf, begann die große Batterie
gerade ihr Feuer gegen die Festungswerke. Auf allen Punkten entspann 25
sich nun ein gewaltiger Geschützkampf, der stundenlang dauerte, und
während dessen von unsrer Seite nach und nach Gebiet gewonnen wurde.
Sehr tief eingeschnittene Schluchten mit Wäldern erschwerten das
Vordringen der Infanterie und begünstigten die Verteidigung. Die Dörfer
wurden genommen, und allmählich zog sich der Feuerkreis immer enger 30
um Sedan zusammen. Es war ein großartiger Anblick von unsrer
Stellung auf einer Höhe hinter jener genannten Batterie. Der heftige
Widerstand des Feindes fing allmählich an nachzulassen, was wir an den
aufgelösten Bataillonen erkennen konnten, die eiligst aus den Wäldern
und Dörfern zurückliefen. Die Kavallerie suchte einige Bataillone unsers 35
fünften Corps anzugreifen, die eine vortreffliche Haltung bewahrten; die
Kavallerie jagte durch die Zwischenräume zwischen den Bataillonen durch,
kehrte dann um und auf demselben Wege zurück, was sich dreimal von
verschiedenen Regimentern wiederholte, so daß das Feld mit Leichen und
Pferden besüt war, was wir alles von unserm Standpunkte genau mit &
ansehen konnten.
Gabriel u. Supprian, Lesebuch B. I. W.
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