Vom Triumvirn zum Alleinherrscher. 85
mals in das Gallien dies seit der Alpen oder Norditalien und das Gallien
jenseit der Alpen, von dem aber erst ein schmales Gebiet am Ufer des
Mittelländischen Meeres römisch war. Das ganze übrige Gallien, vom Mittel-
meer bis zur Nordsee und zu den Ufern des Rheins, das jetzige Frank-
reich, war ein freies Land und war dicht bevölkert von den wilden Gallier-
stammen, die in dem reichen Lande zahllose feste Städte besaßen. Sie alle
aber bezwang Cäsars Geist. Zu Tapferkeit und Gehorsam wußte er in kurzer
Zeit seine Truppen zu erziehen: sie zogen mit ihm durch Urwälder und
Sümpfe; sie bahnten sich Bergwege durch sechs Fuß hohen Schnee; sie
bauten sich Schiffe am Westmeere, und die Landsoldaten gewannen einen
großen Seesieg über die Flotte der Küstenbewohner; sie belagerten fast un-
einnehmbare Städte und weigerten sich, vom Platze zu gehen, ehe die Stadt
gefallen war; sie bauten sich bei einem Überfall in einer Nacht ein festes
Lager und verteidigten die Wälle, obgleich ihre Lagerhütten hinter ihnen in
Brand geschossen wurden und all ihre Habe und Beute in Flammen aufging;
sie bauten in zehn Tagen eine Brücke über den reißenden Rheinstrom und
drangen in die germanischen Wälder ein; sie setzten trotz des Sturmes und
der gewaltigen, nie gesehenen Flutwelle nach Britannien über. — Und das
alles taten Truppen, die vorher unordentlich und verweichlicht waren. Das
machte, das Auge des Feldherrn war überall: er lobte die Tapferen und
belohnte sie reichlich, er teilte mit ihnen Hunger und Durst, er schickte bei
schweren Märschen oder in gefahrvollen Kämpfen sein Pferd fort, um nichts
vor ihnen voraus zu haben; er nahm bei einem Überfall den Schild eines
gemeinen Soldaten und stellte sich in die erste Reihe. Wer hätte da zurück-
bleiben mögen? Wo Cäsar war, siegten sie; war er nicht da, so hielten sie
unermüdlich aus, wenn es nur hieß: „Cäsar kommt!" ober wenn ihre Offi.
ziere ihnen nur sagten: „Fechtet, als wenn Cäsar hier wäre!" Wenn dann
die Truppen sich im Lager müde zur Ruhe legten, saß der unermüdliche
Feldherr noch auf und schrieb sein großes Buch über den „Gallischen Krieg,"
in dem er all seine Beobachtungen über Land und Leute, über Sitten und
Religion der bekriegten Völker aufgezeichnet hat, in dem sich auch die erste
ausführliche Schilderung der Germanenvölker, unserer Vorfahren, findet.
Denn er sah und beobachtete alles. Nach acht Jahren war die Unterwerfung
Galliens vollendet, und er konnte sich nach Rom wenden.
3. Cäsar und Pompejus. Wie sah es indes in Rom aus? Crassus
war fern in Asien gestorben, und Pompejus saß in Rom und hatte die
ganze Zeit nichts getan. Als nun Siegesbotschaft auf Siegesbotschaft aus
Gallien kam, hatte Pompejus Äugst vor Cäsars Macht, und er ließ ihn durch
den Senat auffordern, sein Amt niederzulegen und seine Truppen zu ent¬
laden. Cäsar gab klug die Antwort, er sei bereit, wenn Pompejus dasselbe
tue; da aber dieser Spanien und die dort stehenden Truppen nicht ausgeben
wollte, führte Cäsar seine getreuen Truppen gegen Rom. Wohl zauderte er