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Krebs, noch sonst ein räuberischer Geselle hineinkommt. Nimmt es
sich keine Mühe mehr, die Schalen zusammenzuhalten, so klaffen sie
von selbst auseinander; denn auswendig am Schlosse liegt ein dehn¬
bares Band, das sie auseinanderzieht, wenn das Tier sie nicht
zudrückt. Die Schalen klaffen auch dann, ivenn das Muscheltier
gestorben ist.
Das kleine Tier trinkt zeitlebens Wasser und nützt der Welt
dadurch mitunter inehr als mancher, der Wein trinkt. Es nimmt
den Kalk, der im Wasser aufgelöst ist, als Speise zu sich und baut
seine Schalen daraus, und aus den Schalen bilden sich Erdschichten
und Steinlager. Ganze Gebirge bestehen meilenweit und viele Meter
dick nur aus solchen Schalen. H. Warner.
148. Die Seerose.
Der kleine Teich am Waldessaum mit den schönen, schattigen
Bäumen ringsum ist dem Kind ein gar liebes Plätzchen. Spiegel¬
blank liegt er da; nur wenn der Wind darüber streicht, zittern ganz
kleine Wellen über die Oberfläche. Man kann bis tief zum Grunde
schauen, wo nach den Märchen die Wasserjungfern und Nixen ihr
Wesen treiben.
Das Schönste auf dem Teiche ist aber die Wasserrose, die ihre
großen, herzförmigen Blätter wie grünsamtne Teller auf der Wasser¬
fläche ausbreitet und die großen, weißen Blumen entfaltet.
Die Samenkörner der alten Wasserrose waren gleich ins Wasser
gefallen, sowie sie die Reife erlangt hatten. Sie sanken zum Grunde
und trieben feine Wurzeln in den weichen Schlamm; noch kräftiger
bildete sich der Stengel. Bald starben die ersten Würzelchen ab,
und statt ihrer trieb der Stengel dichte Büschel von Wurzelfasern.
Die Blätter blieben vorläufig noch klein, meistens waren sie nur un¬
ansehnliche Schuppen; der Stengel dagegen ward fleischig und dick.
Er erreicht allmählich die Dicke eines Mannesarmes, ist weiß, mar¬
kig und liegt wagrecht im Schlamme. Je größer er wird, um so
größer und schöner werden auch die Blätter. Wenn die Pflanze das
gehörige Alter erreicht hat, streckt sich von der Spitze des Stengels
ein Büschel langer Blatt- und Blütenstiele nach oben. Ist das
Wasser tief, so werden die letzteren oft sehr lang. Aus der nassen
Tiefe steigen sie hinauf in das Reich der Luft und des Lichts.
Zahlreiche andere Wasserpflanzen siedeln sich um den Tcichrosenstock
auf dem Grunde an. Wasserstern und Tannenwedel breiten die feinen
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