Full text: Deutsches Lesebuch für die obere Stufe mehrklassiger Schulen (Abtheilung 2, [Schülerband])

32. Von unserer Sonne. 
119 
aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen: einem festen Kern und einer 
leuchtenden Hülle, die den Kern frei umgiebt. Die Ansichten der Stern— 
kundigen über die Beschaffenheit des Sonnenkörpers sind verschieden. 
Während noch Herschel annahm, daß der Kern der Sonne nicht selbst— 
leuchtend und vollkommen dunkel sei, haben die neuesten Beobachtungen 
zu der Ansicht geführt, daß sich die Sonne noch in einem weißglühen— 
den, flüssigen Zustande befindet. Ist diese Annahme richtig, dann be— 
steht die Lichthülle in der Ausströmung von Gasen aus dem feuer— 
flüssigen Sonnenkörper. 
Betrachtet man die Sonne durch ein gutes Fernrohr, nachdem 
man zum Schutze der Augen ein dunkel gefärbtes Planglas vor das 
Ocular gebracht hat, so sieht man die Sonnenscheibe selten in ganz 
gleichmäßigem Lichte glänzen. Gewöhnlich erscheint sie mit einer sehr 
großen Zahl kleiner grauer und hellerer Flecken bedeckt. Größere dunkle 
Flecken, Sonnenflecken genannt, zeigen oft merkwürdige Formen. 
Neben diesen dunkeln Stellen giebt es aber solche, die durch ihren 
Lichtglanz von der übrigen Sonnenfläche entschieden hervortreten. Man 
nennt sie Sonnenfackeln. 
Hat die Sonne, wie man früher annahm, einen dunkeln Kern, 
und rührt die Leuchtkraft nur von der äußersten Umhüllung her, welche 
das eigentliche Lichtmeer bildet, so lassen sich die Sonnenflecke so 
erklären, daß durch irgend welche Störungen in der Lichthülle Risse 
und Spalten entstehen, wodurch der dunkle Sonnenkern bloßgelegt 
wird. Nach dieser Annahme hängt die Bildung der Sonnenfackeln 
damit insofern zusammen, als dieselben durch Anhäufung der Licht— 
massen entstehen. 
Ist dagegen die neuere Annahme richtig, daß die eigentliche Licht— 
quelle der Kern der Sonne ist, die schwächere aber die Sonnen— 
atmosphäre, so können die Flecken in der Sonne nicht auf obige Weise 
erklärt werden. Die Umhüllung derselben, sagt man, bildet nicht etwa 
ein ruhiges Bild, sondern befindet sich in steter Veränderung. Sobald 
in Folge irgend einer Veranlassung an einer Stelle der den Kern zu— 
nächst umgebenden Schicht eine Abkühlung eintritt, wird auch natürlich 
eine Verdichtung der dampfförmigen Stoffe erfolgen müssen. Dadurch 
entstehen also Wolken. Diese entziehen der äußeren Schicht die Wärme— 
strahlen und erzeugen auch in der oberen Umhüllung an derselben Stelle 
eine Verdichtung der gasartigen Substanzen. Sind diese beiden Wolken— 
gruppen hinlänglich dick, so können die Lichtstrahlen des hellen Kernes 
nicht mehr durchdringen, und es wird sich dann ein schwarzer Fleck auf 
der Sonne bilden. Die Wolke in der äußeren Schicht muß serner 
bedeutend größer sein als die unter ihr liegende, weil nicht allein senk— 
recht über der unteren, sondern auch zur Seite eine Temperatur— 
erniedrigung stattfindet. Da sie nun die untere mit ihren Rändern 
überragt, so erblicken wir den dunkeln Flecken von einem aschgrauen 
Rande (Hofe) umgeben. Da ferner an einzelnen Stellen Verdichtungen 
entstehen, so müssen an anderen Verdünnungen der Lichtmasse eintreten,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.