32. Von unserer Sonne.
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aus zwei wesentlich verschiedenen Theilen: einem festen Kern und einer
leuchtenden Hülle, die den Kern frei umgiebt. Die Ansichten der Stern—
kundigen über die Beschaffenheit des Sonnenkörpers sind verschieden.
Während noch Herschel annahm, daß der Kern der Sonne nicht selbst—
leuchtend und vollkommen dunkel sei, haben die neuesten Beobachtungen
zu der Ansicht geführt, daß sich die Sonne noch in einem weißglühen—
den, flüssigen Zustande befindet. Ist diese Annahme richtig, dann be—
steht die Lichthülle in der Ausströmung von Gasen aus dem feuer—
flüssigen Sonnenkörper.
Betrachtet man die Sonne durch ein gutes Fernrohr, nachdem
man zum Schutze der Augen ein dunkel gefärbtes Planglas vor das
Ocular gebracht hat, so sieht man die Sonnenscheibe selten in ganz
gleichmäßigem Lichte glänzen. Gewöhnlich erscheint sie mit einer sehr
großen Zahl kleiner grauer und hellerer Flecken bedeckt. Größere dunkle
Flecken, Sonnenflecken genannt, zeigen oft merkwürdige Formen.
Neben diesen dunkeln Stellen giebt es aber solche, die durch ihren
Lichtglanz von der übrigen Sonnenfläche entschieden hervortreten. Man
nennt sie Sonnenfackeln.
Hat die Sonne, wie man früher annahm, einen dunkeln Kern,
und rührt die Leuchtkraft nur von der äußersten Umhüllung her, welche
das eigentliche Lichtmeer bildet, so lassen sich die Sonnenflecke so
erklären, daß durch irgend welche Störungen in der Lichthülle Risse
und Spalten entstehen, wodurch der dunkle Sonnenkern bloßgelegt
wird. Nach dieser Annahme hängt die Bildung der Sonnenfackeln
damit insofern zusammen, als dieselben durch Anhäufung der Licht—
massen entstehen.
Ist dagegen die neuere Annahme richtig, daß die eigentliche Licht—
quelle der Kern der Sonne ist, die schwächere aber die Sonnen—
atmosphäre, so können die Flecken in der Sonne nicht auf obige Weise
erklärt werden. Die Umhüllung derselben, sagt man, bildet nicht etwa
ein ruhiges Bild, sondern befindet sich in steter Veränderung. Sobald
in Folge irgend einer Veranlassung an einer Stelle der den Kern zu—
nächst umgebenden Schicht eine Abkühlung eintritt, wird auch natürlich
eine Verdichtung der dampfförmigen Stoffe erfolgen müssen. Dadurch
entstehen also Wolken. Diese entziehen der äußeren Schicht die Wärme—
strahlen und erzeugen auch in der oberen Umhüllung an derselben Stelle
eine Verdichtung der gasartigen Substanzen. Sind diese beiden Wolken—
gruppen hinlänglich dick, so können die Lichtstrahlen des hellen Kernes
nicht mehr durchdringen, und es wird sich dann ein schwarzer Fleck auf
der Sonne bilden. Die Wolke in der äußeren Schicht muß serner
bedeutend größer sein als die unter ihr liegende, weil nicht allein senk—
recht über der unteren, sondern auch zur Seite eine Temperatur—
erniedrigung stattfindet. Da sie nun die untere mit ihren Rändern
überragt, so erblicken wir den dunkeln Flecken von einem aschgrauen
Rande (Hofe) umgeben. Da ferner an einzelnen Stellen Verdichtungen
entstehen, so müssen an anderen Verdünnungen der Lichtmasse eintreten,