Full text: Deutsches Lesebuch für die obere Stufe mehrklassiger Schulen (Abtheilung 2, [Schülerband])

24. Sehnen. 25. Die russischen Ostseeprovinzen. 
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bebaut, sondern wechselt theils mit nackten oder mit Vegetation bedeckten, 
meist schroff und grotesk ausgezackten Felsen, theils mit Kanälen und mit 
breiteren und schmäleren Wasserstreifen ab, und gewährt eben dadurch einen 
entzückenden, malerischen Anblick, wie ihn keine zweite Residenz des 
europäischen Nordens darbietet. Die Gebirgsart, woraus die Grundlage 
der Stadt besteht, ist Gneiß und Granit. 
Von einer Felsenhöhe, welche „Mosebake“ (Moseshügel) heißt, bietet 
die scheinbar auf dem Meere schwimmende Stadt mit ihren Inseln, Brücken 
und ihrem Wald von Masten, da die Schiffe aus beiden Seen aus- und 
einlaufen und auf den durch Meeresarme gebildeten Kanälen im Osten 
und Westen unmittelbar vor den Häusern anlegen, ein unübertroffenes 
Panorama dar, das sich durch den Rahmen von dunklen Wäldern und 
Bergen, die bis an die Thore der Stadt herantreten, noch mehr hervor— 
hebt. Der herrliche Hafen mitten im Innern der Stadt und die Frucht— 
barkeit der als Hinterland an die Hauptstadt greuzenden Provinzen, die 
Wasserverbindung mit den nahegelegenen reichen Wäldern und erzhaltenden 
Gebirgen machen die Residenz auch zu der wichtigsten Handels- und 
Stapelstadt des Landes. Etzel. 
24. *Sehnen. 
. Ein Sichtenbaum steht einsam 
im Norden auf kahler Höh'; 
ihn schläsfert; mil weißer Decke 
umhüllen ihn Eis und Schnee. 
—F 
2. Er träumt von einer Palme, 
die sern im Morgenland 
einsam und schweigend lrauerk 
auf brennender Felsenwand. 
Zeine. 
25. Die russischen Ostseeprovinzen. 
Wenn man von Memel auf der großen Petersburger Straße 
die weiten Gefilde der drei Ostseeprovinzen durchfliegt, so glaubt man 
wohl, durch eine Einöde zu fahren, in der nur Wald und Sand, 
Gestrüpp und Sumpf abwechseln. Lange Tannenwälder ziehen sich ohne 
Ende zur Seite des Weges hin. Hier und da sieht man ein ödes 
Haus wie verlassen daliegen, dessen schafspelzige Einwohner wir in 
ihrer Sprache nicht verstehen, und die wie Nachteulen uns über den 
Weg huschen. Platt und eben liegt das Bild der Landschaft am Boden. 
Nichtsdestoweniger aber hat auch dieses Land seine besonderen Reize 
und seine eigene Schönheit. 
Die Länder, welche die Letten und Esthen bewohnen, liegen 
in einer so hohen nördlichen Breite, daß diese kein günstiges Zeichen 
für die Milde ihres Klimas sein kann. Der Winter ist 6 Monate 
lang voll von Stürmen, Eis, Schnee und kalten Frosttagen. Der 
Sommer ist kurz und heiß, der Herbst trübe, regenreich und schmutzig. 
Einen jugendlichen Frühling giebt es kaum. Ganz besonders ist diesen 
Ländern die Feuchtigkeit der Luft und des Bodens eigenthümlich. Es
	        
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