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weise ein⸗ und auszieht, wie das flinke, zarte Eichhörnchen sich in dem
Laubdache tummelt und der starkknochige, blutdürstige Luchs auf seine
Beute lauert, um von einem bequemen Aste herabzuspringen, so kann
man wohl sagen, jede Eiche sei eine Welt im kleinen. Mit dem Horn—
schröter oder Hirschkäfer, dem größten unter den in Deutschland ein—
heimischen Käfeyn, der als Engerling im faulen Eichenholz und in
Eichenwurzeln und als Käfer von den Säften der Blätter und Zweige
der Eichen lebt, haben sich Hunderte anderer Insekten auf dem Eich—
baum eingebürgert. Wohl jedes Kind hat schon die runden, oft hübsch
rotbackigen Galläpfel an den Eichblättern bemerkt und abgepflückt. Diese
Galläpsel, ein so wichtiges Erzeugnis für Bereitung der Tinte und
für die Färberei, verdanken ihren Ürsprung der Eichenblatt-Gallwespe,
die gleichfalls auf der Eiche ihre Heimat hat. Im Herbst bohren die
Weibchen mit ihrem Stachel in die Pflanzenteile und legen in die ge⸗
machte Offnung ihre Eier. Durch den Reiz des scharfen Saftes, der
bei dieser Gelegenheit hineinfließt, und durch den Lebensreiz, den die
Eierchen selber machen, schwellen die gestochenen Teile an, und so ent—
stehen die runden, kleinen Äpfel. Eine Art dieser kleinen Fliegen, die
man auch Eichenbohrer nennt, legt ihre Eier in die Blüten und die
noch zarten Früchte; sie heißt Knopper-Gallfliege. Die andere Art legt
ihre Eier in die jungen Knospen der Eichenzweige und eine dritte in
die Blätter der Eichen. Die beiden letzten Arten sind auch bei uns
einheimisch; aber ihre Galläpfel sind nicht viel wert, dahingegen die
Knoppern der ersten Art, welche im südlichen Europa und in der Levante
zu Hause ist, sehr geschätzt werden. Die levantischen Knoppern haben
vor allen andern den Vorzug; doch schätzt man auch die in Ungarn,
Kroatien, Slavonien, wo sie in solcher Menge wachsen, daß man jährlich
für mehr als 100 000 Gulden auswärts verkauft. Ehe man den großen
Nutzen dieser Auswüchse kannte, hielten sie die Einwohner jener Länder
für einen Fluch des Himmels, der ihre Eichelernte und mithin ihre beste
Nahrung für die Schweine verdarb; jetzt bitten sie täglich um einen
reichen Segen derselben und feiern Freudenfeste bei ihrer Einsammlung.
40. Komm mil!
Gustav Pfarrius.
Waldlieder. 3. Aufl. Köln 1869 S. 1. Gekürzt.)
Komm mit, verlaß das Marktgeschrei,
Verlaß den Qualm, der sich dir ballt
Ums Herz, und atme wieder frei,
Komm mit mir in den grünen Wald!
Geh'n in der Hallen weileßPracht,
Wo endlos Säul' an Säule steht,
Und durch der Schatlen hehre Macht
Des Unsichtbaren Schauer weht;
Wir gehn auf taubeperltem Pfad
Durch schlankes Gras, durch duft'ges
Moos,
Durch frischer Lüfte stärkend Bad
Dem grünen Dickicht in den Schoß;
Wir geh'n hinab zum Felsenborn,
Wo schaumgeboren, goldbeschwingt,
Wie aus des Knaben Wunderhorn,
Ein Märchen aus der Tiefe dringt,