Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen

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Ich will Recht und Gerechtigkeit mit Nachdruck üben ohne Ansehen 
der Person, ich will das Beste, die Ehre aller Stände mit gleicher 
Liebe umfassen, fördern und pflegen — und ich bitte Gott um 
den Fürsten⸗-Segen, der dem Gesegneten die Herzen der Menschen 
zueignet und aus ihm einen Mann nach dem göttlichen Willen 
macht — ein Wohlgefallen der Guten, ein Schrecken der Frevler.“ 
Und zu Berlin sprach er bei der Huldigungsfeier vor einer zahl— 
losen Volksmenge: „Ich gelobe, mein Regiment in der Furcht 
Gottes und in der Liebe der Menschen zu fuͤhren.“ Das hat er 
gethan nach besten Kräften. 
Im Jahre 1847 berief der König den „vereinigten Landtag,“ 
welcher aus Abgeordneten sämtlicher Provinzialstände der Monarchie 
bestand. Denen sagte er unter anderm: Jeder Preuße weiß seit 
24 Jahren, daß alle Gesetze, die sein Eigentum betreffen, zuvor 
mit den Ständen beraten werden. Von dieser Zeit an aber weiß 
jedermann im Lande, daß ich keine Staatsanleihe abschließen, keine 
Steuern erhöhen, keine neuen Steuern auflegen werde, ohne die 
freie Zustimmung aller Stände.“ Im Jahre 1848 übertrug der 
König die Befugnisse des vereinigten Landtags in erweitertem Maße 
den „Kammern,“ zu welchen vom ganzen Volke Abgeordnete gewählt 
werden sollten. Eine Verfassung wurde entworfen, von den Kam— 
mern revidiert und vom Könige am 31. Januar 1850 beschworen. 
Nach dieser wird nun das Land regiert. Während in andern Län— 
dern Europas der Krieg wütete, herrschte bei uns Ruhe und Frie— 
den, Dank der weisen Regierung unseres Königs. Schwere Leiden 
hat ihm der Herr noch auferlegt. An einer hoffnungslosen Krank— 
heit hat er über drei Jahre darniedergelegen, bis ihn Gott am 
Morgen des 2. Januar 1861 durch einen sanften Tod von allen 
Schmerzen befreite. 
250. MNillkelm I. 
(V. Vi) 
Unser Kaiser und König Wilhelm ist am 22. März 1797 ge 
boren. In seinen Knabenjabren wurde das Vaterland von unsäglichem 
Mend betroffen; er sah die Lrauer seiner königlichen Eltern, Priedrich 
Vilhels III. und der edelsten Königin Luise, in MNemel und Rönigs- 
berg, und ihr Kummer sebnitt ibm tief in die Seele. Nach dem 
Unfergange der französischen Armee in Russland nahm ihn sein Vater 
von Berlin mit nach Breslau; hieèr war er Zeuge von der begeisterten 
Prhebung des preussischen Volkes. Noch jung und schwach, trat er 
nach der Schlacht bei Leipzig in die Armee ein, und von nun an blieb 
er mit seinem Brudeèr, dem RKronprinzen, auf dem Peldzuge nach 
Frankreich stets an des Königs Seite. Am 10. März 1814, dem 
Geburtstage der verewigten Königin, heftete der König seinem Sohne 
WVlelm für die bewähtte Tapforköit in verschiedenen Gefechten das
	        
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