Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen

— 379 — 
in warmem Wasser einweichen um sie von dem ihnen anklebenden Schmutze 
u reinigen, se dann nur halb braun rösten und erst unmittelbar, bevor 
Ms Gearhtke baelet werden soll, zu einem groben Pulver mahlen. 
Dieses vind dann entweder mit siedendem Wasser übergossen oder auch 
hleres darf aber nicht lange dauern, denn der Kaffee ver— 
lert dadurch an seinem Wohlgeschmack. 
332. Die Einführung der Kartosseln. 
Mettelbeck.) 
„Ich mochte wohl,“ erzhlt Nettelbeck von Kolberg, ein Bürschchen 
von 5 oder 6 Jahren sein und noch in meinen ersten Höschen stecken, 
— also ewa ins Jahr 1743 oder 4 — als es hier bei uns und im 
Lande wen umher eile so schregliche und teure Zeit gab daß viele 
Menschen vor Hunger starben; denn der hiesige Scheffel Roggen galt 
damals 1 Thlrs Gr. Es kamen von landeinwärts her viele arme 
Leule nach Kolberg, die ihre hungrigen Kinderchen auf Schiebkarren mit 
sich brachten, um Korn von hier zu holen, weil man Getlreideschiffe in 
unserem Hafen erwartete, die der grausamen Not steuern sollten. Alle 
Slraßen bei uns lagen voll von diesen unglücklichen Menschen. Meine 
Gro mutler, bei der ich erzogen ward, ließ täglich mehrere Körbe voll 
Gluͤnfohl in hhrem Garten pflücken, kochte einen Topf voll nach dem 
andern fur unsere verschmachtenden Gäste, und mir ward das gern über⸗— 
onmene Ehreuämtchen zu keil, ihnen diese Speise in kleinen Schusseln 
bst iner Brosschutte zuzutragen. Da rissen mir denn Alte und 
ige meinen Napf begierig aus der Hand oder auch wohl unter ein⸗ 
nde sich vor dem Munde veg Ihh kann nicht aussprechen, welch einen 
schauderhaften Eindruck diese e uf meine kindliche Seele machte. 
Im nãchsten Jahre erhielt Kolberg aus des großen Friedrich vor⸗ 
sorgender Güle ein Geschenk, das damals hier zu Lande noch völlig 
nbekannt war. Ein größer Frachlwagen voll Kartoffeln langte auf 
dem Markte an, und nach Trommelschlag erging die Bekanntmachung, 
daß jeder Gartenbesitzer sich zu einer bestimmten Zeit vor dem Ral⸗ 
hause einfinden solle, indem des Königs Majestät ihnen eine besondere 
Wohlthat zugedacht habe. Man ermißt leicht, wie alles und jedes in 
ne flinushe Bewegung geriet, und das um so mehr, je weniger man 
wußte, was es mit diesem Geschenke zu bedeuten habe. Die Herren 
vom Rale zeigten nunmehr der bersammelten Menge die neue Frucht 
bon die hier noch nie ein menschliches Auge erblickt hatte. Daneben 
wurde eine umständliche Anweisung berlesen, wie diese Kartoffeln ge— 
pflamt und bewirtschaftet, desgleichen, wie sie gekocht und zubereilet 
berden sollten. Besser freilich wäre es gewesen, wenn man eine solche 
geschriebene ober gedruckte Anweisung gleich mit verteilt hätte; denn 
un hlelen in Gemmel die wenigsten auf die Vorlesung. Dagegen 
nahmen die guten Leute die hochgeprlesenen Knollen vperwundert in die 
Hände, rochen, schmeckten und leckten daran; kopfschüttelnd bot sie ein 
Nachbar dein andern; man brach sie von einander und warf sie den 
eehwrligen Huden vor, dle balan herumschnoberten und sie gleich— 
alls verschmählen Nun war ihnen das Urteil gesprochen. „Die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.