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en habe.“ Er wünscht ihr dann eine gute Besserung und
geht weg.
Bald nachher kommt der Knabe mit dem Arzt, und das be—
fremdet die krauke Frau. „Wie viel Ärzte rufst du venn? sagt
sie zum Knaben und zeigt zugleich den Zettel, welchen der vorige
geschrieben hatte. — Der Atzt nimmt den Zettel, liest erstaunt
und ruft aus: „Nun, der kann freilich bessere Rezepte schreiben
als ich! Fünfzig Dukaten, Frau, soll Sie sich holen lassen; der
Kaiser Joseph selbst ist hier gewesen, und sein Schatzmeister soll
sie zahlen.“ — Ein freudiger Schreck überfiel die Kranke; sie
wurde plötzlich schwächer, erholte sich jedoch bald wieder und ward
in kurzer Zeit völlig gesund.
112. Sankt Ohbristophorus.
Vlhel Smets.)
Wo die wilde Welle des Stromes braust,
Am Ufer ein heidnischer Rieso haust.
Der Goliath war wohl gewesen grolßs,
Doch gegen den Riesen ein Knäblein bloßs;
b Der Goliath hatte viel böses Blut,
Dem Heiden im Herzen var's dunkel, doch gut.
Wer hinüber wollt' über die wilde Well,
Den setæt' er getrost auf die Schulter schnoll
Und trug, zur Stütz' einen Lichenbaum,
10 Den Wandrer hinüber, leieht wie im Traum.
Da einstmals, als glühend die Sonn' aufging,
Und der Heid' sein riesiges Fruühstuck anfing,
Ein Knäblein kam, wie der Frühling bold,
Die Luglein krystallen, die Locken vie Gold;
15. Das sprach zu dem Riesen: „Nein kleiner NMann,
Ob er mieh hinüber wohl bringen kann ?“
Des wunderte sich der Heide fast
Und nahm auf das launige Knäblein in Hast.
Und als er nun kam in den halben Plubs,
20 Vill oder will nicht, er halten muls;
Denn es vard ihm im Nacken so schwer, so schwoer,
Und ward ihm schwerer noch immer mehr.
Da wandt' êr zum Rinde das Antlitz soin,
Und das Kind ist geblioben noch ebenso klein;
25 Doch führt es nun sonderbar Zepter und Kron',
Denn das Kind war der liebe Gottessohn.
Und spricht au dem Riesen; „Ieh Lenne dich,
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