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78. Das Wunderlästchen.
Christoph von Schmid.)
Eine Frau hatte in ihrer Haushaltung allerlei Unglücksfälle,
und ihr Vermögen nahm jährlich ab. Da ging sie in den Wald
zu einem alten Einsiedler, erzählte ihm ihre betrübten Umstände
und sagte: „Es geht in meinem Hause einmal nicht mit rechten
Dingen zu. Wißt Ihr kein Mittel, dem Uebel abzuhelfen?“
Der Einsiedler, ein fröhlicher Greis, hieß sie ein wenig
warten, brachte über ein Weilchen ein kleines versiegeltes Kästchen
und sprach: „Dieses Kästchen müßt Ihr ein Jahr lang dreimal
des Tages und dreimal bei Nacht in Küche, Keller und Stallung
und allen Winkeln des Hauses umhertragen, so wird es besser
gehen. Bringt mir aber über's Jahr das Kästchen wieder zurück.“
Die gute Hausfrau setzte in das Kästlein ein großes Ver⸗
trauen und trug es fleißig umher. Als sie den nächsten Tag in
den Keller ging, wollte eben ein Knecht einen Krug Bier heimlich
herauftragen. Als sie noch spät bei Nacht in die Küche kam
hatten die Mägde sich einen Eierkuchen gebacken. Als sie die
Stallungen durchwanderte, standen die Kühe tief im Koth, und
die Pferde hatten statt des Hafers nur Heu und waren nicht
gestriegelt. So hatte sie alle Tage einen Fehler abzustellen.
Als das Jahr um war, ging sie mit dem Kästchen zum
Einsiedler und sagte sehr vergnügt: „Alles geht nun besser
Lasset mir das Kästchen nur noch ein Jahr, es enthält ein gar
treffliches Mittel.“
Da lachte der Einsiedler und sprach: „Das Kästchen kann
ich Euch nicht lassen: das Mittel aber, das darinnen ist, sollt
Ihr haben.“ Er öffnete das Kästchen, und sieh, es war nichts
darin, als ein weißes Papier, auf dem geschrieben stand:
„Du mußt, soll's wohl im Hause stehn,
Auf Sparsamkeit und Ordnung sehn.“
79. Sprüchwörter.
1. Fleiß bringt Brod. — 2. Fleißige Hand nährt Leute und
Land. — 3. Müh und Fleiß bricht alles Eis. — 4. Fleißiger Haus—
vater macht hurtiges Gesinde. — 6. Gebrauchter Pflug blinki, stehend
Wasser stinkt. — 6. Ein schlafender Hund fängt keinen Hasen. —
7. Morgen, morgen, nur unicht heute, sagen alle faulen Leute. —
8. Eile mit Weile. — 9 Nach und nach macht der Vogel sein Nest
— 10. Gut Ding will Weile haben. — 11. Rom ist nicht in einen
Tage erbaut. — 12. Morgenstunde hat Gold im Munde. 18
den Kern essen will, muß die Nuß knacken. — 14. Müßiggang ist alle
Laster Anfang. — 15. Wie das Gespinnst, so der Gewinnst.