Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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Als nun die Botschaft in das Neich erging 
Da fuhr ein reger Geist in alles Volk, 
Ein neu Weltalter schien heraufzuziehn, 
Da lebte jeder längst entschlafne Wunsch 
Und jede längst erloschne Hoffnung auf. 
Kein Wunder jetzo, wenn ein deutscher Mann, 
Dem sonst so Hohes nie zu Hirne stieg, 
Sich heimlich forschend mit den Blicken maß! 
Kann's doch nach deutschem Rechte wohl geschehn, 
Daß, wer dem Kaiser heut' den Bügel hält, 
Sich morgen selber in den Sattel schwingt. 
Jetzt dachten unsre freien Männer nicht 
An Hub⸗- und Haingericht und Markgeding, 
Wo man um Esch und Holzteil Sprache hält; 
Nein, stattlich ausgerüstet, zogen sie 
Aus allen Gauen, einzeln und geschart 
Ins Maienfeld hinab zur Kaiserwahl. 
Am schönen Rheinstrom, zwischen Worms und Mainz, 
Wo unabsehbar sich die ebne Flur 
Auf beiden Ufern breitet, sammelte 
Der Andrang sich; die Mauern einer Stadt 
Vermochten nicht das deutsche Volk zu fassen. 
Am rechten Ufer spannten ihr Gezelt 
Die Sachsen samt der slavschen Nachbarschaft, 
Die Bayern, die Ostfranken und die Schwaben; 
Am linken lagerten die rhein'schen Franken, 
Die Ober- und die Niederlothringer. 
So war das Mark von Deutschland hier gedrängt, 
Und mitten in dem Lager jeden Volks 
Erhub sich stolz das herzogliche Zelt. 
Da war ein Grüßen und ein Händeschlag, 
Ein Austausch, ein lebendiger Verkehr! 
Und jeder Stamm verschieden an Gesicht, 
An Wuchs und Haltung, Mundart, Sitte, Tracht, 
An Pferden, Rüstung, Waffenfertigkeit, 
Und alle doch ein großes Brüdervolk, 
10. Zu gleichem Zwecke festlich hier vereint! 
Was jeder im besondern erst beriet, 
Im hüllenden Gezelt und im Gebüsch 
Der Inselbuchten, mählich war's gereift 
Zum allgemeinen, offenen Beschluß. 
Aus vielen wurden wenige gewählt, 
Und aus den wenigen erkor man zween 
20. 
35.
	        
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