Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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32. Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe. 
Während Kaiser Friedrich der Rotbart in Italien gegen die Allein— 
herrschaft der Kirche kämpfte, aber ohne Erfolg, weil er zugleich gegen 
die welsche Volksfreiheit stritt, hatte Heinrich der Löwe, Herzog von 
Sachsen, im Norden Deutschlands das slawische Volkstum bekriegt und 
dem Christentume mit dem Schwerte Bahn gebrochen. Er war klug, 
kühn und streng, aller Üppigkeit Feind, gewaltig von Willen, eisenfest 
an Beharrlichkeit. Selten sind in Deutschland zwei solche Männer neben— 
einander gewesen wie der Löwe und der Rotbart, jeder an der Spitze 
eines reichen hochgeehrten Geschlechts, jeder mit ungeheurer Macht. Wie 
die zwei Vorfechter Deutschlands standen sie da, der Löwe im Norden, 
der Rotbart im Süden, jeder mit blitzendem Schwerte. Nichts fehlte dem 
Löwen, um seinem Vetter, dem Rotbart, in allen Stücken zu gleichen 
als die schimmernde Krone auf dem Haupte; und wohl strebte er auch 
danach, sich im Norden ein eigenes Reich zu gründen. Er erzwang sich 
von seinem Vasallen, dem Grafen von Holstein, den Besitz des wichtigen 
Handelsplatzes Lübeck, gab Lübeck Stadtrecht, Markt-, Münz- und Zoll— 
recht dazu. Der Kaiser, der ihn gar hoch in Ehren hielt, verlieh ihm 
das königliche Recht, jenseit der Elbe Bistümer zu gründen und die 
Bischöfe zu belehnen. So war der Löwe im deutschen Norden auf dem 
Gipfel der Macht; alle benachbarten deutschen Fürsten beneideten ihn, 
seine Vasallen fürchteten, die Geistlichen haßten ihn im stillen, weil er, 
wiewohl er viele Kirchen und Klöster reich begabte, die Bischöfe bloß 
wie seine Diener behandelte. Drum geschah's im Jahre 1166, während 
der Kaiser in Welschland war, daß viele Bischöfe, Fürsten, Grafen und 
edle Herren im deutschen Norden einen Bund gegen den Löwen schlossen. 
Von allen Seiten brachen sie in seine Länder; aber recht wie ein Löwe 
sprang ihnen Heinrich entgegen, daß sie vor seinem Grimme allenthalben 
flohen; Blut und Flammen ließ er als Spuren seiner Schritte zurück, 
und seinen Feinden zum Trotze stellte er in seiner Stadt Braunschweig 
einen ehernen Löwen mit offenem Rachen auf. Mit tiefem Verdrusse 
mußten die Besiegten es leiden, als ihnen der Kaiser (1168) zu Würz— 
burg den Frieden gebot. Um so stolzer ward nun der Löwe; er festigte 
seine Herrschaft im Norden immer mehr und waltete darin wie völlig 
unabhängig von Kaiser und Reich. 
Inzwischen lebte sein Oheim, der kinderlose alte Welf, in Saus 
und Braus, bei Spiel und Gesang auf seinen Gütern in Bayern und 
Schwaben. Jedermann war sein Gast, und durchs Thor, zu dem die 
Gäste einzogen, flog des Wirtes Gold hinaus. Drum schrieb der alte 
Welf an seinen Neffen, den Löwen, welcher all sein Gut erben sollte, 
daß er ihm dafür von seinen Schätzen schicken möge. Aber der Löwe kargte 
damit und grollte sogar über seines Oheims Verschwendung. Um desto
	        
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