Full text: [Teil 2 = Schuljahr 6 - 8, [Schülerband]] (Teil 2 = Schuljahr 6 - 8, [Schülerband])

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Ich muß gestehen: mich auf meinem Amboß überkam diesem 
schlichten, ernsten Manne gegenüber, dem das Geschick so schwer mit¬ 
gespielt hatte, ein Gefühl der Beschämung. Hier stand ein Mann, 
auf dessen Gesicht ich nicht eine Falte entdeckte, die Verbitterung 
verriet. Als wir langsam, unter ruhigen Gesprächen über dies und 
das, durch die warme Mainacht dem Dörfchen zuschritten, veranlaßte 
ich den Schmied, noch einmal auf sein Geschick zurückzukommen. 
„Es verdient Achtung," sprach ich, „daß ein frischer Mann wie Ihr 
das so ruhig und ohne Verbitterung aushält. Ich kannte Leute, die 
sich in ähnlichen schweren Verhältnissen dem Trünke ergaben. Bei 
uns zu Hause war sogar einer, der lieh Weib und Kind im Elend 
sitzen und brannte über Nacht nach Amerika durch." „Das muß ja 
ein erzliederlicher Schuft sein, der so was tut!" erwiderte der 
Schmied. „Und wcun's bei Euch dort oben einer getan hat, so will 
ich hoffen, daß Ihr nicht viel von der Sorte im Lande habt. Ich 
tue hier meine Pflicht, wie nun einmal unser Herrgott will. Ob's 
nun fünfzehn Jahre mit meinen Zweien zu Hause so fortgeht oder 
dreißig. Und ich bin mit meinem Herrgott zufrieden, das ist die 
Hauptsache, denk ich, und meine Anna und mein Ärmchen auch." 
„Trotz alledem?" fragte ich. „Trotz alledem," sagte er ruhig. Dann 
fing er, da es ihm offenbar peinlich war, daß nur von ihm und seinen 
Verhältniffen geredet wurde, ein Reden an über landwirtschaftliche 
Dinge. Und wir waren bald in ein Gespräch verwickelt, das die 
Zeit bis zum Kreuzweg reichlich ausfüllte. Mit einem herzlichen 
Händedruck und einen: ruhigen „Glückliche Reise" verließ mich der 
ernste Mann. 
Meine Gedanken von dort bis ins nahe Städtchen waren andrer 
Art als zuvor. Dieser Schmied machte mir zu schaffen. Hier hatte ich 
einen Helden gesehen, der unter den mißlichsten Verhältnissen vornehm 
und fest auf seinem Posten stand. Ich habe mir das eingeprägt. 
Jener Dorfschmied tritt in jeder trüben Stunde hell vor mein inneres 
Auge. Ich sehe ihn dann mitten in seinem Funkenregen. Die Zange 
in seiner Linken hält das glühende Eisen gefaßt, aus der kräftigen 
Rechten fährt Schlag auf Schlag auf den sprühenden, dröhnenden 
Amboß. Seine Miene ist ruhig; Angesicht und nackte Arme sind 
geschwärzt von der rauhen Arbeit; wie ein Herrscher steht er in seiner 
lichtvollen Schmiede: das Bild eines Mannes, der seine Pflicht tut 
— mitten im Elend, unverbittert, ungebrochen. 
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