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Ich muß gestehen: mich auf meinem Amboß überkam diesem
schlichten, ernsten Manne gegenüber, dem das Geschick so schwer mit¬
gespielt hatte, ein Gefühl der Beschämung. Hier stand ein Mann,
auf dessen Gesicht ich nicht eine Falte entdeckte, die Verbitterung
verriet. Als wir langsam, unter ruhigen Gesprächen über dies und
das, durch die warme Mainacht dem Dörfchen zuschritten, veranlaßte
ich den Schmied, noch einmal auf sein Geschick zurückzukommen.
„Es verdient Achtung," sprach ich, „daß ein frischer Mann wie Ihr
das so ruhig und ohne Verbitterung aushält. Ich kannte Leute, die
sich in ähnlichen schweren Verhältnissen dem Trünke ergaben. Bei
uns zu Hause war sogar einer, der lieh Weib und Kind im Elend
sitzen und brannte über Nacht nach Amerika durch." „Das muß ja
ein erzliederlicher Schuft sein, der so was tut!" erwiderte der
Schmied. „Und wcun's bei Euch dort oben einer getan hat, so will
ich hoffen, daß Ihr nicht viel von der Sorte im Lande habt. Ich
tue hier meine Pflicht, wie nun einmal unser Herrgott will. Ob's
nun fünfzehn Jahre mit meinen Zweien zu Hause so fortgeht oder
dreißig. Und ich bin mit meinem Herrgott zufrieden, das ist die
Hauptsache, denk ich, und meine Anna und mein Ärmchen auch."
„Trotz alledem?" fragte ich. „Trotz alledem," sagte er ruhig. Dann
fing er, da es ihm offenbar peinlich war, daß nur von ihm und seinen
Verhältniffen geredet wurde, ein Reden an über landwirtschaftliche
Dinge. Und wir waren bald in ein Gespräch verwickelt, das die
Zeit bis zum Kreuzweg reichlich ausfüllte. Mit einem herzlichen
Händedruck und einen: ruhigen „Glückliche Reise" verließ mich der
ernste Mann.
Meine Gedanken von dort bis ins nahe Städtchen waren andrer
Art als zuvor. Dieser Schmied machte mir zu schaffen. Hier hatte ich
einen Helden gesehen, der unter den mißlichsten Verhältnissen vornehm
und fest auf seinem Posten stand. Ich habe mir das eingeprägt.
Jener Dorfschmied tritt in jeder trüben Stunde hell vor mein inneres
Auge. Ich sehe ihn dann mitten in seinem Funkenregen. Die Zange
in seiner Linken hält das glühende Eisen gefaßt, aus der kräftigen
Rechten fährt Schlag auf Schlag auf den sprühenden, dröhnenden
Amboß. Seine Miene ist ruhig; Angesicht und nackte Arme sind
geschwärzt von der rauhen Arbeit; wie ein Herrscher steht er in seiner
lichtvollen Schmiede: das Bild eines Mannes, der seine Pflicht tut
— mitten im Elend, unverbittert, ungebrochen.
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