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gestiegen ist, wird nicht milde, ihn zu bewundern und an seiner
Schönheit sich zu erfreuen.
Wer hat dieses Wunderwerk der Baukunst geschaffen?
„Des Baumeisters Name ist unbekannt, man find’t seines
Gleichen nit in dem Land,“ sagt ein alter Chronist, und er hat
recht: ein Künstler von Gottes Gnaden muß es gewesen sein.
Wenn wir aber auch seinen Namen nicht kennen, sein Bild ist
uns nicht unbekannt geblieben, denn er hat es selbst an seinem
Werke verewigt, nicht aufdringlich, sondern bescheiden nach
echter Meister Art. Links oben am Portal sitzt der schlichte,
alte Mann, auf seinen Stab gestützt, den Kopf nach vorn geneigt,
um sinnend zu lauschen, was die Ein- und Ausgehenden zu
seinem Werke wohl sagen mögen. Ihm gegenüber aber gewahrt
man in selbstbewußter Haltung mit dem mächtigen Schwerte
quer über dem Knie den Grafen Heinrich von Isenburg, zur Zeit
des Baues Herr von Limburg, der mit fürstlicher Freigebigkeit
die Mittel zu dem herrlichen Gotteshaus gespendet hat.
Es war um die Wende des zwölften Jahrhunderts, als das
Werk begonnen wurde. Noch lebte in den deutschen Landen die
Erinnerung an jenen glänzendsten aller Beichstage, den der alte
Barbarossa zu Pfingsten 1184 in Mainz gehalten hatte; noch
zitterte in den deutschen Herzen der Schmerz über den Verlust
des großen Kaisers, der auf einem Kreuzzug im fernen Morgen-
land seinen Tod gefunden: da entstand der Plan, an den Ufern
der Lahn einen Dom zu erbauen, der mit sieben Türmen ge¬
schmückt die kraftvoll dastehende Kirche und zugleich das
mächtige Deutsche Reich versinnbilden sollte. Nach diesem
großartigen Gedanken wurde der Bau entworfen und in drei bis
vier Jahrzehnten so weit vollendet, daß er im Jahre 1335 von
dem damaligen Erzbischof von Trier, Dietrich II. von Wied, die
kirchliche Weihe erhalten konnte. Seinen letzten Schmuck im
Ausbau der beiden südlichen Seitentürme empfing er freilich erst
im Jahre 1865 unter dem dritten Bischof von Limburg, Peter
Joseph Blum.
Werfen wir nun einen prüfenden Blick auf das Bauwerk
selbst. Am Eingang im Westen ragen zwei mächtige Portaltürme
empor, die sieh zu einer Höhe von 53 Meter erheben. Sie sind in
ihren fünf Stockwerken durch zierliche Bogenöffnungen, Blend¬