Full text: Lesebuch für die Mittel- und Oberstufe (Teil 2, [Schülerband])

Im Sommer. 
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zur Nachtzeit den Stamm und forscht nach einem Vöglein. Auf 
dem höchsten Wipfel hat der Adler seinen Horst und bringt 
seinen Kleinen Rephühner und Kaninchen zur Speise. 
3. Auch den Menschen erweist sich die Liche gar nüt-lich. 
Ihren Überfluß von dürren Asten wirft sie den armen Leuten 
herab. Ein Mütterchen sucht die Licheln unterm Baume sorgsam 
zusammen. Es will Eichelkaffeeé kochen fürs kranke Kind, damit 
es davon gesund werde. Die Rinde schält man nach dem Aus- 
schlagen der Blätter ab. Sie wird getrocknet und gemahlen, 
heißt dann Lohe und dient zum Gerben des Leders. Das Holz- 
bekommt der Zimmermann. Er schlägt mächtige Eichenpfähle 
in den sumpfgen Boden und baut darauf das schöne, hohe 
Haus. Ganze grobße Städte samt den Kirchen und Türmen 
sind auf Eichenpfählen aufgebaut. Am Meere zimmern die Men- 
schen aus Eichenholz grobe Schiffe. Nit diesen fahren sie in 
ferne Länder und bringen RKaffee und Zucker, Thee und Gewürze 
nach Hause. 
So dient die Eiche zu aller Nufd und Frommen. Sie wird 
daher aueh von allen geliebt. Sie ist ein Sinnbild der Stärko. 
Unsern Vorfahren, den alten heidnischen Deutschen, war sie ein 
heiliger Baum. Auch jetzt wird sie oft bei PFestlichkeiten ver- 
wandt. Aus ihren Blättern werden Kränze gewunden zum Schmuck 
des Festes. Verdienten Männern schenkt man silberne Lichen- 
laubkränze, und tapfere Krieger erhalten Ehrenzeichen, mit Lichen- 
laub geziert. 
4. Die Liche ist erst nach 200 Jahren ganz ausgewachsen 
und wird über 500 Jahre alt. So ein Baum kann also viel erleben 
und hält so manchen Sturm aus. Wer kann die Tausende von 
Vögeln und andern Tierehen zählen, denen er sein weites, 
grünes Haus gastlich geöffknet hat? Wo sind sie hin? Wo sind 
die Menschen hin, die an dem mächtigen Baume sich erfreut 
haben? Er überlebte sie alle lange, lange. Endlich aber zer- 
schmettert auch ihn ein Blitzstrahl, oder ein heftiger Windstob 
bricht den stolzen Baum, der sich nieht beugen will, wenn er 
nicht schon früher von der Hand des Menschen gefällt worden ist. 
Clein war sein Ursprung. Vor Hunderten von Jahren wurde 
eine kleine ELichel in den Boden gesenkt. Lin Bäumchen wuchs 
daraus empor, das man ohne Mũüũhe mit der Hand hätte ausreiben 
können. Durch seine Wurzeln aber sog es die Peuchtigkeit des
	        
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