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wir gesehen. Auch ist bereits erwä'nt worden, daß der so
ohne allen Grund und ohne alle Form des Rechts aus fei*
nem Lande vertribene Kurfürst von Heßen ebenso wie der
Herzog von Braunschweig von Böhmen und Oels aus fort»
wärend mit ihren Erblanden Verbindungen unterhalten hat¬
ten. Seit dem Beginne der östreichischen Rüstungen für
den Krieg, dessen Eräugnisse zulezt dargestelt wurden, er¬
hielten die Absichten der in Böhmen lebenden norddeutschen
Fürsten und Herren festere Zile — und die Art des Kamp¬
fes in Spanien schin einigermaßen als Vorbild auch für
eine Erhebung des nördlichen Deutschlands gelten zu kön¬
nen. Alle diese Vorbereitungen musten in tiefstes Geheim¬
nis gehült bleiben, solte irgend ein Erfolg zu erwarten sein;
denn die Art des Volkes und Landes begünstigte doch in
der Tat Unternemungen dieser Gattung weniger als in den
Alpen. Auch war das Verhältnis ein anderes. In Tirol
fülle sich das gemeine Landvolk von Alters her stolzer, wer-
Hafter; und fülle auch den sitlichen Bruch, der durch die
bairische Negierung in sein Leben gekommen war, unmittel¬
barer, drückender. Baiern und Tiroler hatten schon seit
Jahrhunderten als Volksstamme an ihren Grenzen in einem
kleinen Kriege gegenseitiger Abneigung gelebt; die Verwal¬
tungsämter waren bis dahin in Tirol fast alle in den Hän¬
den des landsaßigen Adels und der einheimischen städtischen
Behörden; — über ganz Norddeutschland dagegen, mit
Ausname etwa der westfälischen Stiftslande, war die Ver¬
waltung, und namentlich war sie es in Heßen und Braun-
schweig in hohem Grade in den Händen eines Beamteten-
standes, der hinsichtlich seiner Subsistenz vornämlich auf
seine Besoldung verwisen, schon lange, lange ein von der
Regierung völlig abhängiges Leben in einer gewissen Ge¬
schäftsroutine und bei mediocren, philiströsen Vergnügungen
gefürt, in diesen engen Interessen sich an persönliche Be¬
deutungslosigkeit, zum Teil an eigentliche Bedientengesin-
nung gewönt hatte. Diese Leute dankten großen Teils Got,
wenn es ihnen gelungen war, bei der neuen westsälingischen
Regirung wider ein Aemtchen zu erhalten; sie füllen sich
zu selbstständiger Ernärung zu ungeschikt oder zu arm —
und