Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberklassen der Volksschule

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Auch außer den unverständigen Menschen haben alle Eidechsen und 
vornehmlich die Blindschleichen leider viele Feinde. Die wirklichen 
Schlangen, Nattern und Oltern, dann viele Vögel, Bussard, Storch, 
Kraͤhe, selbst Hühner und Enten, ferner Säugethiere, Igel, Spitzmaus, 
Wiesel, Iltis, Katzen und dergleichen fressen sie und hre Jungen odet 
verfolgen und tödten sie wenigstens. 
(Karl Ruß.) 
19. Die Kreuzotter. 
Keines Thleres Name ist so verrufen, wie der Name der Schlange. 
Alle Welt haßt und meidet die Schlangen als die veraͤchllichsten 
Scheusale unter den Thieren. Eine einzige Art dieser in Deulschland 
sehr wenig vertretenen Thierklasse ist es, welche uns schon zillern macht, 
wenn es neben uns im Laube raschelt; denn die einzige giftige 
Schlangenart in Deutschland ist die Kreuzotter. „Eine Schlange! 
eine Schlange!“ heißt es. Man nimmt Reißaus, denn die Schlange 
könnte — stechen! Stechen? womit denn? „Nun, mit der zweispitzigen, 
zuckenden Zunge.“ — Das ist ein höchst uͤnschuldiges, weiches Tast 
werkzeug. Die giftige Schlange sticht uicht, sondern beißt. 
Von unsern vier deutschen Schlangenarten ist die Kreuzotler die⸗— 
jenige, welche das geringste Längenmaß erreicht. Das Männchen wird 
selten 10 em, das Wailbchen höchstens 75 ew lang, während alle 
übrigen Arten bis ziemlich 1141 n lang werden können, so daß schon 
dieses längste Maß irgend einer in Deutschland gefundenen Schlange 
für deren Unschädlichkeit spricht. Dabei ist sie aber verhaͤlknißmäßsg 
dicker und gedrungener und daher auch in ihren Bewegungen etwas 
steifer, weit weniger die eleganten Ringe und Schlingen bilbend, wie 
die anderen. 
Die Grundfarbe ist sehr verschieden und theils nach dem Alker, 
kheils nach dem Geschlechte sehr veränderlich. Die allgemeine Faͤrbung 
ist daher nicht ausreichend, den Feind zu erkennen und von unschaͤd— 
lichen Schlangen zu unterscheiden, deren wei, die Rin gelnatter und 
die glakte Natter, in der Grundfarbe mit der Kreuzolter oft ziemlich 
übereinstimmen. Die Männchen sind im allgemeinen heller, als di 
Weibchen: hell⸗aschgrau, silberweiß oder gelbuchweiß, höchstens eiwas 
ins Bräunliche ziehend Die dunkleren Weibchen haben eine grau— 
braune, grünlich-braune bis dunkelschmutzig-braune Farbe. Je dunkler 
die Grundfarbe, desto leichter ist ein Verkennen möglich; denn dann 
trxitt das unterscheidende Merkmal, welches alle Farben-Spielarten der 
Kreuzotter unveränderlich festhalten, auf dem dunkeln Grunde nicht 
deutlich hervor. Dieses Merkmal ist eine schwarze Zickzacklinie, welche 
vom Nacken bis zur Schwanzspitze den Rücken entlang verläuft. Zuͤ— 
weilen löst sich stellenweise diese Linie in rautenförmige, an einander ge⸗ 
reihete oder elwas von einander abstehende Flecken auf, aber niemals 
hört sie ganz auf, eine erkennbare Zickzacklinie zu sein. Schon der
	        
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