Object: Vaterländisches Lesebuch für die mehrklassige evangelische Volksschule Norddeutschlands

37. Peter in der Lremde. 
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„Ja, Vater", rief der unverschämte Knabe, 
„Ihr mögt mir's glauben oder nicht, 
io sag' ich's Euch und jedem ins Gesicht, 
daß ich einst einen Hund bei Haag gesehen 
habe, 
hart an dem Weg, wo man nach Frankreich 
fährt, 
der — ja ich bin nicht ehrenwert, 
wenn er nicht größer war, als Euer größtes 
Pferd." 
„Das", sprach der Vater, „nimmt mich 
Wunder, 
wiewohl ein jeder Ort läßt Wunderdinge sehn; 
wir zum Exempel gehn jetzunder 
und werden keine Stunde gehn, 
so wirst du eine Brücke sehn 
(wir müssen selbst darüber gehn), 
die hat dir manchen schon betrogen 
(denn überhaupt soll's dort nicht gar zu 
richtig sein): 
auf dieser Brücke liegt ein Stein; 
an den stößt man, wenn man denselben Tag 
gelogen, 
und fällt und bricht sogleich ein Bein." 
Der Bub' erschrak, sobald er dies ver¬ 
nommen. 
„Ach!" sprach er, „lauft doch nicht so sehr! 
Doch wieder auf den Hund zu kommen, 
wie groß, sagt' ich, daß er gewesen wär'? 
Wie Euer großes Pferd? Dazu will viel 
gehören. 
Der Hund, jetzt fällt mir's ein, war erst ein 
halbes Jahr; 
allein das wollt' ich wohl beschwören, 
daß er so groß als mancher Ochse war." 
Sie gingen noch ein großes Stücke; 
doch Fritzen schlug das Herz. Wie konnt' 
es anders sein? 
denn niemand bricht doch gern ein Bein. 
Er sah nunmehr die richterische Brücke 
und fühlte schon den Beinbruch halb. 
„Ja, Vater", fing er an, „der Hund, von 
dem ich redte, 
war groß, und wenn ich ihn auch was ver¬ 
größert hätte, 
so war er doch viel größer als ein Kalb." 
Die Brücke kommt. Fritz, Fritz, wie wird 
dir's gehn! 
Der Vater geht voran; doch Fritz hält ihn 
geschwind. 
„Ach, Vater", spricht er! „seid kein Kind 
und glaubt, daß ich dergleichen Hund gesehen; 
denn kurz und gut, eh' wir darüber gehen: 
der Hund war nur so groß, wie alle Hunde 
sind." 
Gellert. 
36. Der Riese Goliath. 
1. War einst ein Riese Goliath, 
gar ein gefährlich Mann: 
er hatte Tressen auf dem Hut 
mit einem Klunker dran 
und ein von Silber strotzend Kleid 
mit einem Saum, wer weiß wie breit! 
2. An seinen Schnurrbart sah man nur 
mit Grasen und mit Graus; 
und dabei sah er von Natur 
pur wie ein Satan aus. 
Sein Sarras war, man glaubt es kaum, 
so groß schier, als ein Weberbaum. 
3. Er hatte Knochen wie ein Gaul 
und eine freche Stirn 
und ein entsetzlich großes Maul 
und nur ein kleines Hirn, 
gab jedem einen Rippenstoß 
und flunkerte und prahlte groß. 
4. So kam er alle Tage her 
und sprach Israel Hohn: 
„Wer ist der Mann? Wer wagt's mit mir? 
Sei's Vater oder Sohn! 
Er komme her, der Lumpenhund! 
Ich bax' ihn nieder auf den Grund." 
5. Da kam in seinem Schäferrock 
ein Jüngling, zart und fein, 
er hatte nichts, als seinen Stock, 
als Schleuder und den Stein 
und sprach: „Du hast viel Stolz und Wehr, 
ich komm' im Namen Gottes her." 
6. Und damit schleudert' er auf ihn 
und traf die Stirne gar; 
da fiel der große Esel hin, 
so lang und dick er war. 
Und David haut' in guter Ruh' 
ihm nun den Kopf noch ab dazu. 
7. Trau' nicht auf deinen Tressenhut, 
noch auf den Klunker dran! 
Ein großes Maul es auch nicht tut, 
das lern' vom langen Mann; 
und von dem kleinen lerne wohl, 
wie man mit Ehren fechten soll. 
Claudius. 
37- Peter in der Fremde. 
1. Der Peter will nicht länger bleiben, 
er will durchaus fort in die Welt. 
Dies Wagestück zu hintertreiben, 
der Mutter immer schwerer fällt. 
„Was willst du", spricht sie, „draußen machen? 
du kennst ja fremde Menschen nicht; 
dir nimmt vielleicht all' deine Sachen 
der erste beste Bösewicht."
	        
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